Frank-Walter Steinmeier will auch dabei sein: Gerade jetzt, wo bekannt geworden
ist, dass nicht nur die USA, sondern auch der Iran jene kurdische Miliz, die
im Irak gegen die Gruppierung "Islamischer Staat (IS)" kämpft,
mit Waffen-Lieferungen unterstützt, meldet sich der deutsche Außenminister:
"Ich bin angesichts der dramatischen Lage (im Irak) dafür, bis an
die Grenzen des politisch und rechtlich Machbaren zu gehen".
Es
deutet sich eine große Koalition der Schurken gegen die Schurken an:
Der Iran wurde sehr lange von den USA als Schurkenstaat bezeichnet. Ganz sicher
sind es aber die USA, die - ob im Irak oder in Libyen - mit offenkundigem Engagement
den Schurken gaben. Und jetzt hat der "Islamische Staat" diese Rolle
erfolgreich übernommen. Und wer von den Untaten dieser Gruppe weiß,
der ist geneigt, einer schnellen Abwehr mit Waffen zuzustimmen. Aber die Verbrechen
des "IS" (früher ISIS) sind nicht neu. Ganz alte Bekannte sind
auch deren Finanziers in Katar und Saudi-Arabien. Folgte man also der Logik
der Bomben-Problem-Lösung, dann müssten schnellsten Riad und Doha
gebombt werden. Auch Istanbul und Washington zu bomben, wäre - immer nach
der Viele-Bomben-helfen-viel-Theorie - nicht völlig falsch. Was zu beweisen
ist.
Unstrittig liegt die Entstehungsgeschichte des "IS"
im Krieg der USA gegen den Irak. Wie häufig nach den zumeist völkerrechtswidrigen
Kriegen der Vereinigten Staaten gab es auch im Irak den Wechsel einer schlechten
Regierung zu einer anderen schlechte Regierung. Wurden vor dem Krieg die Schiiten
von den Sunniten unterdrückt, so kehrte sich das Verhältnis danach
um. Kosten der Umkehrung: Ein kaputter Staat und etwa eine halbe Million Tote
im Gefolge des Krieges. Die nun bedrängten Sunniten folgten der importierten
Terror-Logik: Von den fast täglichen Autobomben bis zum "Islamischen
Staat". Man darf davon ausgehen, dass ein Leben in Bagdad vor dem Krieg
sicherer war als heute.
Doch nicht nur die kaputten Verhältnisse
im Irak waren die Geburtshelfer des "IS". Auch der Syrien-Krieg gab
der brutalen, vorgeblich religiösen Gruppe heftigen Auftrieb. In Syrien
war der "IS" eng mit der Anti-Assad "Nusra-Front" verbunden.
Die bekam mindestens eine Milliarde Euro aus dem mit den USA liierten Katar.
Aus Saudi Arabien wurde nicht weniger für den heiligen Kampf gegen ein
laizistisches System gespendet, dessen religiöse und ethnische Minderheiten
bis heute eher dem alten Syrien zuneigen als einem möglichen neuen, das
die USA im syrischen Bürgerkrieg gern durchgesetzt hätten. Dieses
Ziel teilte auch die türkische Regierung, angeführt von einem zunehmend
großmächtigeren Recep Tayyip Erdogan, die den Radikal-Islamisten
ihre Waffen- und Kämpfer-Nachschub-Routen sicherte und deren Verwundete
in türkischen Krankenhäusern aufnahm. Offenkundig unter dem zumindest
symbolischen Schutz deutscher Patriot-Raketen an der türkisch-syrischen
Grenze.
Ob "IS", Nusra Front oder freiberufliche Kämpfer
im syrischen Bürgerkrieg: Alle trafen und treffen sich unter dem Dach
der "Freien Syrischen Arme". Die wiederum ist mit dem "Syrischen
Nationalrat" verbunden, der von einer ganzen Reihe westlicher Staaten als
legitime Vertretung Syriens anerkannt wird. Fraglos gehören dazu auch wesentliche
Teile deutscher Medien, die immer schon wussten, dass Assad böse, "die
Opposition" inklusive des "IS" aber gut war. Wenn zwischendurch
mal der international renommierte Journalisten Seymour Hersh in der "London
Review of Books" berichtete, dass die Nusra-Front ("IS") Zugang
zum Nervengas Sarin habe, dann konnte dies die deutsche Regierung und deren
Medien nie und nimmer beirren.
Bisher löschen die USA und ihre
Epigonen, für die Steinmeier zu gerne "an die Grenzen" ginge,
den Brand im Irak mit Benzin. Zur echten ersten Hilfe würde es gehören,
die Zügel der Regierungen in der Türkei, in Katar und Saudi Arabiens
anzuziehen und die Basis des "IS" in Syrien zu zerstören. Erst
dann kann eine militärische, von der UN mandatierte Hilfe wirksam werden.
Zumal die nächste Bomben- oder Waffen-Lieferungs-Adresse Bagdad sein könnte:
Denn der aktuelle irakische Ministerpräsident, Al Maliki, lässt zur
Zeit Panzer auffahren, um einen konkurrierenden Regierungs-Chef zu verhindern.
So ist es wenn Schurken Schurken bomben.