Türkenpräsident Erdogan arbeitet nicht nur in der Türkei am rigorosen Ausbau einer islamischen Gesellschaft, er kümmert sich auch im türkischen Migrantenbereich in Europa darum, seine osmanischen Vorstellungen zu verbreiten und zu verfestigen. In Österreich wurde nun in einer umstrittenen Aktion ein neuer Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft installiert, der aus dem Funktionärsstall von Erdogan stammt.
Fuat Saut Sanac von der national-fundamentalistischen Milli Görüs
("Nationale Sicht") geht und Ibrahim Olgun von ATIB (Avusturya Türkiye
Islam Birligi, Österreichische türkisch-islamische Union) kommt und
mit ihm der noch direktere Einfluss von Erdogan über die von Ankara gesteuerte
ATIB, das sind politische und nicht religiöse Organisationen, die IGGiÖ
(Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich) hat kaum zahlende Mitglieder,
ist aber wie die Kirchen staatlich als Körperschaft anerkannt. Die meisten
Moscheen werden aber nicht von der IGGiÖ, sondern von Vereinen betrieben.
In
Österreich ist die katholische Kirche eine einzige öffentlich rechtliche
Körperschaft, bei den weniger hierarchisch ausgerichteten Protestanten
sind die einzelnen Pfarren solche Körperschaften. Obwohl es bei den Muslimen
wesentlich mehr verschiedene und zum Teil höchst gegensätzliche Strömungen
gibt, hat der österreichische Staat versucht, alle Muslime unter das Dach
der IGGiÖ zu zwingen, was völlig misslungen ist, weil sich eine große
Mehrheit der in Österreich lebenden Muslime weigerte, sich dort als Mitglieder
zu registrieren. Das ursprüngliche Islamgesetz in Österreich von 1912
bezog sich auf die damals dem Kaiserreich einverleibten bosnisch-islamischen
Gebiete und galt für den "hanafitischen Ritus", nach dem Zerfall
der Monarchie hatte dieses Gesetz kaum noch praktische Bedeutung, weil die Betroffenen
nun zu Jugoslawien gehörten. Erst ab 1971 gab es Bemühungen, das Islamgesetz
von 1912 wieder zu beleben.
Das Gesetz von 1912 ist jedoch dafür
ungeeignet. Um der Vielfalt der islamischen Strömungen zu entsprechen,
müssten die einzelnen Richtungen und Schulen auch einzeln den Status religiöser
Körperschaften bekommen. Die österreichische Politik richtete sich
jedoch nach den Wünschen der Türkei und Saudi Arabiens, was auch den
Steuerzahlern Millionen kostet, weil die IGGiÖ alle Privilegien von Religionsgemeinschaften
genießt, ohne dass dies eine wirklich praktikable Lösung für
den Islam in all seinen Varianten bringt. Im Islam ist überdies eine Organisierung
des Glaubens als Körperschaft gar nicht vorgesehen, es gibt im Islam auch
keine Hierarchie, aber die Islamfunktionäre der IGGiÖ nutzen die österreichischen
gesetzlichen Möglichkeiten, vor allem gesetzlichen Privilegien von Religionsgemeinschaften
zielsicher für ihre Interessen aus.
Die Beteiligten kassieren durch
den Status als anerkannte Religion, es gibt hunderte islamische Religionslehrer
in öffentlichen Schulen, die meistens keine pädagogische und universitäre
Ausbildung haben, höhere Islamfunktionäre werden Schulinspektoren
mit fetten Gehältern und werden davon reich, gestern Schakfeh und Sanac
von Milli Görüs und heute Ibrahim Olgun von die türkischen Regierungsorganisation
ATIB, diese wird von Ankara und Erdogan direkt gesteuert und hat die meisten
Moscheen in Österreich, das sind keine religiöse Organisationen, sondern
politische, deshalb passen sie nicht ins Islamgesetz, das als historische Fehler
gesehen werden muss, auch weil dieses Konstrukt die radikalen Islamisten begünstigt.
Die
neue Lage jetzt ist ganz einfach: Das türkische Diyanet übernimmt
die IGGÖ. Damit ist das Islamgesetz gestorben. Weil jetzt alles Islamische
unter ausländischer Kontrolle steht.
Das Diyanet Isleri Baskanligi (deutsch: Präsidium
für Religionsangelegenheiten), abgekürzt mit Diyanet, ist eine staatliche
Einrichtung zur Verwaltung religiöser Angelegenheiten in der Türkei.
Gegründet wurde sie im Jahre 1924 vom türkischen Reformer Mustafa
Kemal Atatürk, der damit die religiöse Verwaltung verstaatlichte und
in der Folge die Türkei zu säkularisieren trachtete, religiöse
Gerichte wurden abgeschafft, religiöse Kleidungen wie der Schleier verboten,
die Frauen erhielten gesetzliche Gleichberechtigung, in den Schulen wurde die
Koedukation eingeführt, die Gesetzgebung nach den Vorbildern von Frankreich
und der Schweiz umgestaltet.
Der türkische Präsident Erdogan versucht nun immer schneller, alle
diese Errungenschaften rückabzuwickeln und die Türkei wieder zu einem
Islamstaat wie seinerzeit im osmanischen Reich zu machen.
Die handstreichartige Übernahme der IGGiÖ durch einen ATIB-Funktionär
ist ein Bestandteil dieser Vorgangsweise, Erdogan will auch in Europa sein türkisches
Islamreich aufbauen und ausbauen.
Die Republik Österreich ist darum gefordert:
Es muss Schluss sein mit der politischen Willfährigkeit gegenüber
diversen Islamverbänden, die organisiert Wählerstimmen gegen Privilegien
tauschen, das Islamgesetz muss komplett neu formuliert werden, es müssen
alle islamischen Glaubensrichtungen die selben Rechte erhalten, aber deren ausländische
Steuerung, egal ob türkisch, saudisch oder von den Muslimbrüdern,
Salafisten oder anderen Extremisten ist rigoros zu unterbinden.