Aussendung der Max-Planck-Gesellschaft vom 17.8.2023,
entdeckt am 21.8. und hier online gestellt:
Ötzis Genom wurde 2012 erstmals sequenziert. Die seitdem erzielten technologischen
Fortschritte ermöglichten einem Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für
evolutionäre Anthropologie und von Eurac Research nun eine exaktere Rekonstruktion
seines Genoms. Den neuen Ergebnisse zufolge ist der genetische Anteil aus Anatolien
eingewanderter Frühbauern bei Ötzi ungewöhnlich hoch, was nahelegt, dass
er aus einer relativ isolierten Alpenbevölkerung mit wenig Kontakt zu anderen
europäischen Gruppen stammte. Auch zu seinem Aussehen gibt es neue Erkenntnisse:
seine Haut war dunkler als bisher angenommen und zum Todeszeitpunkt hatte er
sehr wahrscheinlich eine fortgeschrittene Glatze.
Körper und Gesicht der Gletschermumie Ötzi wurden rekonstruiert.
Neuere Forschungsergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass Ötzi dunklere Haut
und eine Glatze hatte.© Franz W. auf Pixabay (Pixabay License)
Schon 2012 wurde Ötzis Genom entschlüsselt, als erstes Genom einer Mumie und
mit wichtigen Erkenntnissen zum Erbgut prähistorischer Europäer. Die seitdem
erzielten Fortschritte in der Sequenziertechnologie ermöglichten nun einem
Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und
von Eurac Research eine sehr viel exaktere Rekonstruktion seines Genoms.
Der Genmix heutiger europäischer Menschen ist hauptsächlich aus der Vermischung
dreier Ahnengruppen entstanden: Die ursprünglichen Jäger und Sammler Westeuropas
gingen nach und nach in den frühen Bauern auf, die vor etwa 8.000 Jahren aus
dem Nahen Osten einwanderten, und schätzungsweise beginnend vor etwa 4.900
Jahren kamen dazu noch Steppenhirten aus Osteuropa.
Bei ersten Analysen hatte man in Ötzis Erbgut genetische Spuren dieser Steppenbevölkerung
gefunden, die die verfeinerten neuen Ergebnisse nun nicht mehr zeigen: Die damalige
Probe war mit moderner DNA kontaminiert. Seit der ersten Studie wurden nicht
nur die Technologien zur Sequenzierung enorm weiterentwickelt, man hat auch
viele Genome prähistorischer Europäer, häufig aus Skelettfunden, vollständig
entschlüsselt. Damit war es möglich, Ötzi mit Zeitgenossen zu vergleichen.
Das Ergebnis: Unter den hunderten frühen europäischen Menschen, die zur selben
Zeit wie Ötzi lebten und deren Genome zur Verfügung stehen, hat Ötzi die
meisten bäuerlichen Ahnenanteile.
Ötzis Herkunft und Aussehen
Das Forschungsteam schließt daraus, dass er aus einer relativ isolierten
Bevölkerung mit wenig Kontakt zu anderen europäischen Gruppen stammte. "Wir
waren sehr überrascht, im neuen Ötzi-Genom keine Spuren der osteuropäischen
Steppenhirten zu finden, auch der Anteil der Jäger-und-Sammler-Gene beim Ötzi
ist sehr gering. Genetisch sieht er so aus, als seien seine Vorfahren direkt
aus Anatolien gekommen", erklärt Johannes Krause, Leiter der Abteilung
Archäogenetik am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig
und Mitautor der Studie.
Neue Ergebnisse erbrachte die Studie auch zu Ötzis Aussehen. Sein Hauttyp,
schon in der ersten Genom-Analyse als mediterran-europäisch bestimmt, war noch
dunkler als bisher angenommen. "Es ist der dunkelste Hautton, den man in
europäischen Funden aus derselben Zeit nachgewiesen hat", erklärt der
Anthropologe und Mitautor der Studie Albert Zink, Leiter des Instituts für
Mumienforschung bei Eurac Research in Bozen: "Man dachte bisher, die Haut
der Mumie sei während der Lagerung im Eis nachgedunkelt, aber vermutlich ist,
was wir jetzt sehen, tatsächlich weitgehend Ötzis originale Hautfarbe. Dies
zu wissen, ist natürlich auch wichtig für die Konservierung."
Unser bisheriges Bild von Ötzi stimmt auch in Bezug auf die Haare nicht: Als
reifer Mann hatte er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr langes, dichtes
Haupthaar, sondern höchstens noch einen schütteren Kranz. Seine Gene zeigen
eine Veranlagung zur Glatzenbildung. "Das ist ein relativ eindeutiges Ergebnis
und könnte auch erklären, warum bei der Mumie fast keine Haare gefunden wurden",
sagt Zink. Ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ 2 lag ebenfalls
in Ötzis Erbanlagen, kam jedoch dank seines gesunden Lebensstils wahrscheinlich
nicht zum Tragen. (mpg)