Gehen wir zeitlich vor. Er geht den Nobelpreis-Nominierungen immer ein
paar Wochen voraus: der Ig-Nobelpreis. Den Namen hat er vom englischen "ignoble"
= unwürdig, Er wird also verliehen für wissenschaftliche Arbeiten, die "Menschen
zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen". Trotz der Schande, welche
diese Auszeichnung eigentlich auszeichnet, nehmen immer mehr Wissenschaftler
(vor allem betroffene) an der Verleihung teil, denn lustig ist sie allemal.
Hier sind einige der Ig-Nobelpreise 2023:
- Seung-min Park erhielt den Preis für "die Erfindung der Stanford-Toilette,
einem Gerät, das eine Vielzahl von Technologien einsetzt, darunter einen Urinanalyse-Teststreifen,
ein Computer-Vision-System für die Defäkationsanalyse, einen Sensor für den
Analabdruck in Verbindung mit einer Identifikationskamera und eine Telekommunikationsverbindung
–, um die von Menschen ausgeschiedenen Substanzen zu überwachen und schnell
zu analysieren". "Verschwendet eure Ausscheidungen nicht", sagte
Forscher Seung Min Park bei seiner kurzen Dankesrede zur Preisvergabe. Im Englischen
klingt's noch besser: Don't waste your waste!
- Chris Moulin, Nicole Bell, Merita Turunen, Arina Baharin und Akira O’Connor
erhielten den Preis für "die Untersuchung der Empfindungen, die Menschen
empfinden, wenn sie ein einzelnes Wort viele, viele, viele, viele, viele, viele,
viele, viele Male wiederholen".
- María José Torres-Prioris, Diana López-Barroso, Estela Càmara, Sol Fittipaldi,
Lucas Sedeño, Agustín Ibáñez, Marcelo Berthier und Adolfo García, für
"die Untersuchung der mentalen Aktivitäten von Personen, die Experten
im Rückwärtssprechen sind".
- Christine Pham, Bobak Hedayati, Kiana Hashemi, Ella Csuka, Tiana Mamaghani,
Margit Juhasz, Jamie Wikenheiser und Natasha Mesinkovska für "die Verwendung
von Leichen, um zu untersuchen, ob sich in beiden Nasenlöchern eines Menschen
gleich viele Haare befinden".
- Katy Tam, Cyanea Poon, Victoria Hui, Wijnand van Tilburg, Christy Wong, Vivian
Kwong, Gigi Yuen und Christian Chan, für "die methodische Untersuchung
der Langeweile von Lehrern und Schülern". Unter anderem sei es wahrscheinlicher,
dass Schüler im Unterricht gelangweilt seien, wenn sie das schon im Vorfeld
erwarteten. Außerdem seien Schüler mit einer höheren Wahrscheinlichkeit im
Unterricht gelangweilt, wenn sie den Eindruck hätten, dass der Lehrer oder
die Lehrerin gelangweilt sei.
- Bieito Fernández Castro, Marian Peña, Enrique Nogueira, Miguel Gilcoto,
Esperanza Broullón, Antonio Comesaña, Damien Bouffard, Alberto C. Naveira
Garabato und Beatriz Mouriño-Carballido für "die Messung des Ausmaßes,
in dem die Durchmischung des Ozeans durch die sexuelle Aktivität der Sardellen
beeinflusst wird". Womöglich tragen die kleinen Biester sogar zum Klimawandel
bei!
Kommen wir als nächstes zum alternativen Nobelpreis ("Right Livelyhood Award"). Er ist eine Auszeichnung „für die Gestaltung einer besseren Welt“. Hier werden mutige Menschen (oft in Entwicklungsländern oder in Diktaturen) ausgezeichnet, die es dennoch geschafft haben, durch kleine Erfindungen oder Organisationen den Menschen ihrer Region zu helfen. Diese sehr begrüßenswerte Auszeichnung hat aber auch manchmal Auswirkungen, die möglicherweise nicht im Einklang mit der Politik der Preisrichter stehen. So erhielt diesmal unter anderem die Hilfsorganisation "SOS Méditerranée" den Preis für für ihre Such- und Rettungseinsätze im Mittelmeer, wo sie seit ihrer Gründung 2015 mehr als 38.000 Flüchtlinge auf dem Mittelmeer aufgegriffen und in Sicherheit gebracht hat. Die Organisation sagt von sich: Wir sind unpolitisch. Welche politische Botschaft sie mit ihren Rettungsaktionen aussendet, ist ihnen entweder nicht bekannt oder egal. Denn jeder Flüchtling weiß nun ganz offiziell: Mir kann nichts passieren. Ist das Boot noch so klein, noch so überfüllt, die Reise noch so unsicher - SOS Méditerranée steht bereit, rettet uns alle und bringt uns sicher an Land, also auf Lampedusa, wo die Italiener mal schauen sollen, wie sie uns loswerden, z.B. in Richtung Norden. Denn Flüchtlinge / Geflüchtete / Migranten / Übers Meer Kommende wissen: In Deutschland erhält jeder junge Mann von der Regierung kostenlos ein Auto, ein Haus und eine Frau.
Die echten Nobelpreise sollen "denen zugeteilt werden, die im verflossenen
Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben."
Der Medizin-Nobelpreis
geht an die beiden Wissenschaftler, die die Grundlagen für die mRNA-Impfstoffe
gelegt haben: die Ungarin Katalin Karikó und den US-Forscher Drew Weissmann.
Hat viele Leben gerettet.
Der Physik-Nobelpreis
geht an Pierre Agostini, Ferenc Krausz und Anne L'Huillier für die Erforschung
ultraschneller Elektronen. Damit könnte die Geschwindigkeit elektronischer
Schaltkreise bedeutend erhöht werden. Und vielleicht sind wir dem Geheimnis
des "Quantensprungs" ein bisschen näher gerückt.
Die Chemiker Moungi
Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov erhielten ihren Nobelpreis für die Entdeckung
und Entwicklung von Quantenpunkten, die in modernen Bildschirmen oder auch in
der Tumor-Chirurgie verwendet werden.
Der Norweger Jon Fosse
erhielt den Literatur-Nobelpreis. "Seinen Romanen und Theaterstücken haftet
oft etwas Düsteres, Melancholisches und Mystisches an." wie der SPIEGEL
schreibt. Offenbar genau das, was unsere Zeit derzeit braucht. Weiter: "Sein
jüngstes auf Deutsch im Rowohlt Verlag veröffentlichtes Werk ist der Roman
»Ich ist ein anderer«." In der Tat. So wird die Meinung mancher Jugendlicher
endlich durch einen Nobelpreis bestätigt: Grammatik sind Scheiße. Oder ist,
oder war. Egal, dient dem Fortschritt der Menschheit. Merke: "Der Literaturnobelpreis
ist der seltsamste Preis der Welt." (Die Welt)- Die Welt stellt auch
fest: "... wird an den vergeben, der in der Literatur das vorzüglichste
Werk idealistischer Prägung geschaffen hat". Was meint Nobel mit "idealistisch?"
Ein enger Freund von ihm soll gesagt haben: "Nobel war Anarchist; mit idealistisch
meinte er das, was eine polemische oder kritische Haltung gegenüber der Religion,
der Monarchie, der Ehe und der Gesellschaftsordnung insgesamt einnimmt."
Der Friedensnobelpreis
2023 geht an die iranische Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi "für
ihren Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen im Iran und ihren Kampf um Menschenrechte
und Freiheit für alle zu stärken". Außerdem würdigt der Preis die zahlreichen
Menschen, die im vergangenen Jahr gegen das theokratische Regime Irans und seine
Politik der Unterdrückung und Diskriminierung gegenüber Frauen demonstriert
haben.