Papst Ratzinger will im September 2011 im deutschen Bundestag eine Rede halten. Merkwürdigerweise hat sogar die Linkspartei dem zugestimmt. Allerdings gibts Widerstand gegen diesen seltsamen Beschluss:
Im
September 2011 soll Papst Ratzinger im Bundestag sprechen, mit Billigung der
Linksfraktion. Die geplante Rede von Ratzinger reiht sich ein in die Reden der
Präsidenten der USA und Israel, George Bush und Shimon Peres.
Ohne vorherige
Ankündigung diskutierten am 14. Dezember die Abgeordneten der Linksfraktion
am Ende einer sechsstündigen Fraktionssitzung über ihre Haltung zum Papstbesuch.
Eine deutliche Mehrheit sprach sich dafür aus, dem Papstbesuch nicht zu widersprechen;
ich gehörte zu der kleinen Minderheit, die dagegen stimmte.
Die
in der Debatte vorgetragenen Argumente teile ich in keiner Weise. Auch die im
Nachgang medial von Gregor Gysi und Dietmar Bartsch angeführten Rechtfertigungen
des Papstbesuchs erfolgen nicht in meinem Namen. Eine angemessene politische
Umsetzung dieser Kritik behalte ich mir vor. Die Gründe dafür im Einzelnen:
Formal kommt der
Papst als Staatsoberhaupt des Staates Vatikanstadt. Der Vatikan ist die letzte
absolute Monarchie in Europa, seine Gründung 1929 geht auf die Lateranverträge
mit dem faschistischen Italien zurück. Die enge Kooperation mit dem deutschen
und italienischen Faschismus wurde nie aufgearbeitet. Der Vatikan ist weitestgehend
ein reiner Männerstaat, der die Staatsbürgerschaft primär über die nur Männern
vorbehaltenen Funktionen in der katholischen Kirche definiert. Dass ausgerechnet
das Staatsoberhaupt dieses einzigen explizit antidemokratischen Staates in Europa
im Bundestag sprechen soll, ist ein antidemokratischer Affront.
Wahrgenommen wird der Papst aber nicht als Staatsoberhaupt, sondern als
religiöser Führer der katholischen Kirche. Dass ein Religionsführer im Parlament
sprechen soll, verletzt das von Linken weltweit geforderte notwendige Trennungsgebot
von Staat und Kirche. Dies ist insofern eklatant, als dass das 1933 zwischen
Nazi-Deutschland und dem Vatikan geschlossene Reichskonkordat nach wie vor gültig
ist und der gebotenen Trennung von Staat und Kirche widerspricht. Anstatt
dem Papstbesuch zuzustimmen, sollte DIE LINKE diese Trennung endlich einfordern.
Der Auftritt eines einzigen Religionsführers verletzt zudem die politisch
notwendige Gleichbehandlung verschiedener Religionen. Warum den Vertreter des
Katholizismus sprechen lassen, nicht aber Vertreter anderer Religionen? Wenn
man wirklich die Trennung von Staat und Kirche außen vor lassen will, dann sollte
man m. E. aus linker Sicht einen Vertreter einer islamischen Religion sprechen
lassen, da dies die größte Chance bieten würde Vorurteile in Deutschland abzubauen.
Die Debatte in der Linksfraktion war geprägt von der Angst Wähler zu verlieren,
wenn dem Papstauftritt widersprochen wird. Dieses Argument verkennt völlig die
Realität. Ca. 70% der heutigen Bevölkerung sind nicht-katholisch, von den ca.
30% formell Katholischen ist nur ein kleiner Teil religiös aktiv und selbst
von diesen verteidigt nur ein kleiner Teil die Moralvorstellungen und die Politik
des Papstes. Das Jahr 2010 wird einen neuen Rekord an Kirchenaustritten aus
der katholischen Kirche bringen und weitaus mehr Menschen umfassen, als DIE
LINKE Mitglieder hat. Das öffentliche Bekanntwerden des Ausmaßes des sexuellen
Kindesmissbrauchs unter dem Dach der katholischen Kirche, das Festhalten an
gegen die menschliche sexuelle Selbstbestimmung gerichteten Moralvorstellungen
des Papstes, die damit zusammenhängenden Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit
böten beste Gelegenheit einen Einspruch gegen den Papstbesuch populär zu begründen.
Entschieden
lehne ich das Argument "Wenn George Bush vor dem Bundestag geredet hat,
dann darf auch der Papst reden" (Dietmar Bartsch). Was ist das denn für
eine Logik? Dagegen dass der Kriegstreiber Bush im Bundestag reden durfte haben
100.000 Menschen demonstriert, darauf können wir uns nicht positiv beziehen.
Das Zulassen des Auftritts von Bush war ein Skandal, das Zulassen des Papstauftritts
wäre es auch.
Anstatt den Papstauftritt durchzuwinken sollte DIE LINKE
eine Anti-Papst-Bewegung starten, die über die Geschichte des Papsttums aufklärt
und insbesondere die bigotte Familien- und Sexualpolitik angreift. Ich bin
jedenfalls schon mal der facebook-Gruppe "Kein Rede vom Papst im Bundestag"
beigetreten.