Die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils in den 1960er-Jahren hätten
zu einer Anpassung der katholischen Kirche an die gesellschaftlichen Entwicklungen
beitragen sollen. Nachdem der Reformpapst Johannes XXIII. gestorben und
das Konzil unter Papst Paul VI. abgeschlossen worden war, sahen sich die im
Machtapparat dominierenden Konservativ-Traditionellen einer von ihnen nicht
gewünschten Entwicklung gegenüber. Es war allerdings nicht möglich, die Konzilsbeschlüsse
sogleich und direkt zu attackieren. Man richtete sich vorerst darüber, den angezeigten
Weg nicht fortzusetzen, also in vielen Bereichen so zu handeln, als hätte es
das Konzil nicht gegeben und dadurch im Laufe der Zeit wieder auf die alte Linie
zurückzukommen.
Eines der katholischen Diskussionsthemen war die Neugestaltung
der Messe, die Abkehr vom alten lateinischen Ritus und die Einführung der
Messfeier in den jeweiligen Landessprachen, also hieß beispielsweise das Wechselgespräch
zwischen Priester und Messbesuchern statt "Dominus vobiscum - et cum spiritu
tuo" nunmehr "Der Herr sei mit Euch - und mit deinem Geiste",
der Pfarrer schaute nicht mehr zum Altar, sondern ins Publikum.
Papst
Ratzinger ist konservativ. Das 2. Vatikanische Konzil kann er allerdings
auch nicht abschaffen, das ginge über seine päpstlichen Befugnisse. Er gestattete
es daher, dass die heftigsten Kritiker dieses Konzils, die Piusbrüdern des 1991
verstorbenen Kardinals Lefebvre wieder in die Gemeinschaft aufgenommen wurden,
die 1988 verfügte Exkommunikation wegen Schisma (Glaubensspaltung) hob er 2009
auf. Die Piusbrüder stehen nach wie vor auf den antimodernistischen katholischen
Positionen des 19. Jahrhunderts, also u.a. auch gegen Menschenrechte und Demokratie
wie es die Reaktionäre Pius X. (Papst 1903-1914) und sein Vorvorgänger Pius
IX. (Papst 1846 -1878) vertreten hatten.
Ratzinger
ließ die alte lateinische Tridentinische Messe 2007 als "außerordentliche
Form" wieder zu, was die Antimodernisten begeisterte. Die Nachfrage
von Gläubigen nach diesem Ritus blieb allerdings gering, in Deutschland wird
diese Form nur in 128 von 11.383 Pfarren angeboten. Am 13. 5. 2011 legte Papst
Ratzinger nochmals nach, er vereinfachte in einem neuen Schreiben die Zulassungsbedingungen,
im Prinzip genügt es nunmehr, wenn ein Priester zur Verfügung steht, der
ausreichend Latein kann.
In Österreich ist eine Reaktion aus der r.k. Kirche bisher nicht bekannt, in Deutschland stieß dies auf wenig Gegenliebe. Das päpstliche Rundschreiben wurde von der Bischofskonferenz nicht verlautbart. Der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz, ließ wissen, dass nur auf der Website der Bischofskonferenz darüber informiert werde, aber keine weiteren Verlautbarungen dazu erfolgten, der Theologieprofessor und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft katholischer Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann sagte, Kritik aus der Bischofskonferenz und von Theologen hätte keinerlei Berücksichtung gefunden, es bestünde die Gefahr, dadurch Spannungen innerhalb der Kirche zu verschärfen und es sei auch fragwürdig, für dieselbe Theologie zwei unterschiedliche Formen der Gottesdienstfeier zu verwenden, die neue Instruktion würde von der Mehrheit der Gläubigen und Bischöfe als Rückschritt empfunden.
Ist das nicht kurios, worüber sich brave Christkatholiken in die Haare geraten können? Der liebe Jesus müsste übrigens Aramäisch gesprochen haben und nicht Latein oder Deutsch. Könnte sich nicht eine Fraktion bilden, die für eine aramäische Messfeier eintritt? Abwūn d'bwaschmāja, Nethkādasch schmach. Tźtź malkuthach. Nehwź tzevjānach aikāna d'bwaschmāja af b'arha. Hawvlān lachma d'sūnkanān jaomāna. Waschboklān chaubźn aikāna daf chnān schvoken l'chaijabźn, wela tachlān l'nesjuna ela patzān min bischa. Metol dilachie malkutha wahaila wateschbuchta l'ahlām almīn. Amźn.