Kohlmaier reformiert nicht mehr

Am 26.5.2011 gab der ehemalige ÖVP-Poltiker Herbert Kohlmaier seinen Rückzug als Leiter der sogenannten "katholischen Laieninitiative" bekannt. Diese Initiative war 2009 gegründet worden und hatte sich zum Ziel gesetzt, die katholische Kirche ins 21. Jahrhundert, okay, sagen wir in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts überzuleiten. Was naturgemäß eine undurchführbare Aufgabe war, speziell wo gerade jetzt im Vatikan große Bemühungen laufen, die verbliebenen Veränderungen des 2. Vatikanischen Konzils rückabzuwickeln und den Vormodernismus wieder als katholische Basis zu benützen.

Die Laieninitiative hatte Unterstützungserklärungen gesammelt, als man jedoch das Programm vorlegte, das die Einleitung verschiedener demokratischer Maßnahmen und eine Gestaltung der r.k. Kirche nach dem Vorbild der Protestanten vorsah, vermehrten sich die Unterstützungserklärungen kaum noch. Wohl auch deshalb, weil das Forderungsprogramm (Zölibat abschaffen, in der Hierarchie Wahlen einführen etc.) als völlig illusorisch erkannt wurde. Und die Menschen, die sich früher katholisch-progressiv betätigten, haben ohnehin die meisten resigniert. Die heute aktiven Katholiken sind eher konservativ, die Progressiven sind davongeflogen. 12.405 Unterzeichner hatte Kohlmaiers Laieninitiative bis zum 11. 4. 2010 gesammelt, am 26. 5. 2011 waren es 12.624.

Im Mai 2010 schrieb Kohlmaier in einem Artikel in der "Wiener Zeitung":
" (..) Das zum Befehlen statt zum Dienen verkommene absolutistische Papstregime liegt in der Hand eines weltfremden und überforderten Theologen alten Zuschnitts, der die fatale Verfälschung des Christentums seit der Antike verkörpert.
Spitzfindige Konstruktionen, Mythen und Legenden sind ihm unumstößliche Wahrheit. Das bewirkt uninspirierte Verengung, Leib- und Frauenfeindlichkeit und Misstrauen gegen alles Neue, vor allem aber Arroganz gegenüber Gottes Volk. Auch böse Angst plagt die kirchliche Obrigkeit: vor einer sich verändernden Welt, selbständig denkenden Menschen, dem Fortschritt und dem längst eingetretenen Autoritätsverlust. Der Vatikan ist ein Bunker der Verteidigung des Althergebrachten statt ein Zentrum der Verkündigung der Frohbotschaft - eine Scheinwelt, die uns und vor allem der Jugend unerträglich fremd ist.
Das ist nicht meine Kirche! Sie muss erneuert, wieder lebendig und menschennah werden! Das absurde System muss überwunden werden. Wir können es nicht abwählen. Um das ganz und gar ungeeignete Kirchenregime loszuwerden, muss man ihm die Gefolgschaft mit Selbstbewusstsein verweigern. Es ist so lange zu isolieren und unwirksam zu machen, bis es draufkommt, dass es sich ganz ändern muss."

Ein Jahr später hat er aufgegeben. Offiziell aus Altersgründen. Aber in Wirklichkeit wahrscheinlich wegen Sinnlosigkeit, er sagt es schließlich selber:
"Die Kirche ist auf dem Weg zu einer lateinische Formeln murmelnden Sekte unterwerfungssüchtiger und sexualneurotischer Sonderlinge, sagen wir es uns und auch der Welt ganz offen und ehrlich: Die Reform der Institution ist angesichts dessen nicht möglich".

Wer mehr zu Kohlmaiers Laieninitiative lesen möchte: "Herbert Kohlmaier reformiert den katholischen Glauben" und "Herbert Kohlmaier und die Kirchenreform".