Ohnehin nur 0,1 Prozent ..

.. katholisch-klerikaler Anteil am Kindesmissbrauch meinte der frühere Maoist und später zum katholischen Gott zurückkonvertierte Spiegel-Journalist Matthias Matussek in einem Interview mit dem Kölner "domradio". Matussek: "99,9 Prozent ereignen sich in protestantischen Glaubensgemeinschaften, in Rudervereinen und in erster Linie in den Familien; da ist der größte Skandal". Und: "Ich halte die Diskussion um Missbrauch für eine der größten Entgleisungen, Verzerrungen und Kirchenkampfkampagnen, die man sich nur vorstellen kann".

Zuerst erscheint es einmal sehr merkwürdig, dass der Journalist den Satz mit "99,9 Prozent ereignen sich in protestantischen Glaubensgemeinschaften .." einleitet, geradeso als wäre die Mitgliedschaft bei den Protestanten Schändungsvoraussetzung und gäbe es keine katholischen Ruderer und keine katholischen Familien.

Es gibt weder weltweite Zahlen über alle Missbrauchsfälle noch wurden alle Missbrauchsfälle katholischer Kleriker aufgedeckt und gezählt. Der Anteil katholischer Geistlicher an der männlichen Weltbevölkerung zählt nicht in Prozenten, sondern liegt im Promillebereich. Wenn 99,9 % der Missbräuche außerhalb des katholischen Klerus erfolgen täten, dann in erster Linie, weil 99,9 % der Männer keine katholischen Kleriker sind.

Im Vatikan hatte Kardinalstaatssekretär Bertone im April 2010 gesagt, dass 98,8 % der Missbrauchsfälle im nichtklerikalen Bereich passierten und glaubte damit wohl das Problem minimieren zu können, ohne zu begreifen, dass ein 1,2 %-Anteil um ein Vielfaches über dem Klerikeranteil läge. Matussek passt seine Prozente etwas besser an den Klerikerbestand an, legt aber keinerlei Berechungsgrundlagen dafür vor, üblicherweise nennt man sowas mit Hausnummern zu argumentieren.

Der Spiegel-Journalist meint wohl, kirchliche Kindesmissbräuche müssten kritiklos toleriert werden, wenn sie im Bereich des sozusagen Gebräuchlichen lägen, wenn jeder hundertste Mann Kinder schändet, dann darf das auch jeder hundertste Kleriker, Kritik daran wäre Kirchenkampfkampagne.

Wenn wir nun aber die Promille konkret berechnen:

Es gibt etwa 400.000 katholische Priester und etwa 3,4 Milliarden geschlechtsreife Männer auf der Erde. Der Anteil der Priester an diesen Männern beträgt 0,012 Prozent, das sind also 0,12 Promille. Wenn man von hundert Prozent 0,12 Promille abzieht, kommt man auf 99,988 und nicht auf 99,900 Prozent. Dieser kleine Unterschied zwischen dem Bevölkerungsanteil und dem Anteil an den Missbräuchen macht jedoch das 8,33-fache aus. Somit sind auch nach den nicht nachprüfbaren Prozentangaben des Herrn Matussek Priester 8,33mal so oft in Missbräuche verwickelt wie der Rest der männlichen Menschheit. Und umgekehrt gerechnet: wenn jeder hundertste Nichtkleriker Kinder schändete, täte es jeder zwöfte Kleriker.