Götterspeise

Im Jahre 2011 war der Feiertag "Fronleichnam" am 23. Juni. Wie Ostern, Christihimmelfahrt und Pfingsten ist auch dieser Feiertag abhängig vom ersten Frühlingsvollmond. Ein Mensch, der sich im üblich gewordenen Ausmaß mit Religion befasst, wird mit diesem Feiertag nicht viel anfangen können. Wer ist das, der "Fronleichnam"?

Googeln wir daher einmal nach, Wikipedia weiß es: "Die Bezeichnung Fronleichnam leitet sich vom mittelhochdeutsch vrône lîcham für ‚des Herren Leib‘ ab, von vrôn‚ was den Herrn betrifft‘ und lîcham ‚der Leib‘). . In der Liturgie heißt das Fest "Hochfest des Leibes und Blutes Christi", (..) Im Englischen und in anderen Sprachen trägt das Hochfest den Namen "Corpus Christi". Vrôn und Fron sind übrigens dasselbe Wort, Fronarbeit, also unbezahlte Sklavenarbeit für den Adel und die Kirche, hat dieselbe Sprachwurzel wie Fronleichnam.

In Österreich ist "Fronleichnam" ein gesetzlicher Feiertag, ebenso in Polen, Kroatien, Portugal und einigen südamerikanischen Ländern, in Deutschland und in der Schweiz ist der Tag in manchen Regionen ein Feiertag. Kein Feiertag ist Fronleichnam interessanterweise in Italien, dort und in den übrigen Ländern wurde im katholischen Kirchenjahr Fronleichnam auf den folgenden Sonntag verlegt. Im österreichischen Alltag ist Fronleichnam ein Tag, der durch den darauf folgenden "Zwickeltag" mittels eines Urlaubstages ein verlängertes Wochenende ermöglicht. Der harte katholische Kern geht am Fronleichnamstag mit dem in einer Monstranz in Form einer Hostie aufbewahrten "leiblichen Jesus" spazieren. Ursprünglich hatten diese Prozessionen einen naturzauberischen Sinn, man trug den "Leib des Herrn" durch die Felder, auf dass die Früchte gut gedeihen, oder durch die Stadt, um Unheil abzuwenden. Noch heute gehören diese bunten Aufmärsche zur ländlichen Folklore wie Narzissenfeste, Perchtenläufe oder Faschingsumzüge.


unter dem "Himmel" genannten Baldachin wird
in der Monstranz der Leib des HErrn herumgetragen

Aber was hat es eigentlich mit diesem "Leib des Herrn" auf sich? Wir machen uns wieder kundig und gucken in die heutige Predigt von Kardinal Schönborn, der weiß es ganz genau und zitiert seinen Jesus aus dem Johannesevangelium: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist." Und er verspricht, dass wir ihn essen können. Wirklich ihn selber! "Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt."

Nachdrücklich besteht er darauf: Die Hostien und der Messwein sind wirklich Fleisch und Blut seines Gottes Jesus, nicht bloß symbolisch wie bei den Protestanten. Die Katholiken sind Gotteskannibalen! Schönborn bestätigt das ganz ausdrücklich:
Wenn dieser Gott dann auch noch zu Brot wird, sich zu essen gibt, dann ist das eine unglaubliche direkte Art, mit uns Menschen in Verbindung zu treten. Und das will dieser Gott offensichtlich. Er will uns direkt sein Leben einflössen. Wir sollen mit ihm verbunden werden, wie unser Essen und Trinken sich mit unserem Leib verbindet: "Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben" in sich.
Ist das eine Art uralter Magie, wie sie die Menschen der Vorzeit lebten? Unsere Urahnen glaubten, dass sie durch die Nahrung das Leben des Tieres in sich aufnahmen. "Menschenfresser" dürften ähnliche Vorstellungen gehabt haben: die Energie des anderen in sich aufnehmen.
Tatsächlich lebt etwas von dieser mystischen, urzeitlichen Vorstellung im christlichen Glauben weiter, freilich in ganz geläuterter Form. Jesus sagt es ganz direkt: "Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich in ihm." Und: "Jeder, der mich isst, wird durch mich leben."

Da kann man nur noch sagen: Mahlzeit, liebe Christen! Lasst Euch Euren Gott gut schmecken! Dann ist er mit Euch vereint. Aber das hält offenbar nicht an, weil die gläubigen Christen sind ja gefordert, bald wieder den Leib des HErrn zu konsumieren. Der essbare Jesus geht also den Weg aller Speisen. Schon irgendwie skurril, die christkatholische Religion!