Schönborn traf "Pfarrer-Initiative"

Am 19. Juni hatte die "Österreichische Pfarrerinitiative" einen "Aufruf zum Ungehorsam" verlautbarte.

Die vatikanische Verweigerung von Kirchenreform und die Untätigkeit der Bischöfe zwinge die Priester dazu, "dem Gewissen zu folgen und selbständig tätig zu werden". Man wolle daher in Zukunft ungehorsam sein, niemandem mehr die Eucharistie verweigern (also auch verbotenerweise den wiederverheirateten Geschiedenen oder Nichtkatholiken den "Leib des HErrn" verabreichen), bei Priestermangel priesterlose Wortgottesdienste organisieren, wo von Laien der "Leib des HErrn" verteilt wird und diese Laien auch predigen, man werde sich für die Zulassung Verheirateter zum Priesteramt und für die Priesterweihe von Frauen einsetzen u.a.m.


Der hl. r.k. Kirche ungehorsam zu sein, das ist ganz was Schlimmes, durch die Reihen der Strengkatholischen ging ein heftiges Protestbeben und Kardinal Schönborn rief zur Ordnung, am 10. August wurden die Pfarrerrebellen mit ihrem Anführer, dem früheren Wiener Generalvikar Helmut Schüller, zum Rapport vorgeladen und Schönborn stellte klar, dass er als Bischof seiner Diözese den Ungehorsamsaufruf "nicht so stehen lassen" könne.

Schönborn verordnete laut Pfarrerinitiative eine "Nachdenkpause".
Wobei das - katholisch betrachtet - vermutlich nicht heißen soll, alle machen eine Pause und denken nach, sondern die Pfarrerinitiative macht eine Denkpause und fügt sich. Schüller äußerte nachher, er habe nicht den Eindruck, dass die Sache glimpflich ausgegangen sei, Schönborn habe durchblicken lassen, dass kein Platz mehr für ihn und seine Priesterkollegen in der katholischen Kirche sein könnte, wenn sie ihren Ungehorsam aufrechterhalten. Wenn die "Nachdenkpause" nicht zur Zurücknahme des Ungehorsamsaufrufes führe, wäre Schönborn zum Handeln gezwungen, der Kardinal habe außerdem erkennen lassen, dass er für die Beibehaltung des Zölibats sei. Seitens der Diözese gibt es keine substanzielle Stellungnahme zu den Gesprächen.

Die r.k. Kirche ist eine feudale Einrichtung. Demokratie gibt es nicht, der Papst diktiert und die Gläubigen müssten folgen. In der Praxis ist es allerdings längst so, dass der große Teil der Kirchenmitglieder sich um die katholischen Weltsichten nimmer kümmert, die religiöseste Handlung in diesen Kreisen ist die Bezahlung des Kirchenbeitrages. Da die katholische Kirche defakto von ihren Kirchenmitgliedern außer dem Kirchenbeitrag nichts verlangt, sind in Österreich immer noch fast fünfeinhalb Millionen Leute katholische Kirchenmitglieder, davon sind vielleicht um die zehn Prozent religiös aktiv, gehen also regelmäßig oder zumindest öfters in die Kirche usw. In diesem engen Bereich spielen sich dann die Konflikte ab: einerseits gibt es die Strengkatholischen, die sich stramm nach Papst und konservativen Bischöfen richten, andererseits auch liberal Ausgerichtete, die sich eher am Zweiten Vatikanischen Konzil orientieren und von dort ausgehend weitere Reformen wollen.

Papst Ratzinger steht aber geistig im Vormodernismus, er möchte zurück in die Zeit vor dem Konzil. Dadurch hat das Ganze auch für Außenstehende einen gewissen Unterhaltungswert. Was wird Kardinal Schönborn, der ja für seine Zaghaftigkeit bekannt ist, machen, wenn die Pfarrerinitiative nicht zu Kreuze kriecht? Haut er dann die gut 300 Priester der Initiative hinaus und reduziert schlagartig seinen Bestand an geistlichen Herren um rund sieben Prozent? Am wahrscheinlichsten wird es sein, dass der Schüller und ein paar andere Anführer gemaßregelt werden und die übrigen zu Kreuze kriechen.

Wir sind Kirche am 11.8. in einer Presseaussendung: "Kardinal Schönborn möge den Bogen nicht überspannen". Es heißt dort u.a.: "Wenn in diesen Fragen, wie konkret beim Pflichtzölibat, das Gespräch von der Kirchenleitung weiter verweigert wird kann es zu Dammbrüchen kommen, welche die Kirchenleitung nicht mehr übersehen kann. Der Aufruf der Österreichischen Pfarrer-Initiative weist ausschließlich auf feststellbare und allseits bekannte Fakten hin und ist weltweit bekannt. Strafmaßnahmen könnten zu dominoartigen Solidarisierungen führen, die auch die vatikanischen Auftraggeber Schönborns nicht mehr stoppen könnten."

Helmut Schüller, der Leiter der Pfarrerinitiative-im Interview mit den OÖNachrichten (Ausgabe 12.8.): "Ich werde nichts zurücknehmen" - u.a. sagte Schüller, "wenn man auf verwaschene Formulierungen verzichtet, muss man sagen, dass das, was ein Großteil der Pfarrer und Gemeinden praktiziert, Ungehorsam ist. Sich darauf hinauszureden, dass das still geduldet wird, halte ich für "unhygienisch" für das Innenleben der Kirche. Gerade die Gehorsamsdiskussion hat gezeigt, wie wenig geklärt dieses Thema ist. Denn die Vorstellung des Kardinals von Gehorsam deckt sich sicher nicht mit jener der Mehrheit des Kirchenvolkes. (..) Ich persönlich werde nichts zurücknehmen und sehe den Dingen, die da kommen könnten, gefasst ins Auge."

Nächstes Jahr startet trotz aller dieser innerkirchlicher Querelen in Europa die katholische Neuevangelisierung! In den elf Städten Wien, Köln, Paris, Budapest, Dublin, Lissabon, Brüssel, Liverpool, Warschau, Turin, Barcelona geht's 2012 los, die katholische Kirche verkündet den Säkularisten den katholischen Glauben!
Das wird ein Spaß!