Die vatikanische Verweigerung von Kirchenreform und die
Untätigkeit der Bischöfe zwinge die Priester dazu, "dem Gewissen zu folgen
und selbständig tätig zu werden". Man wolle daher in Zukunft ungehorsam
sein, niemandem mehr die Eucharistie verweigern (also auch verbotenerweise den
wiederverheirateten Geschiedenen oder Nichtkatholiken den "Leib des
HErrn" verabreichen), bei Priestermangel priesterlose Wortgottesdienste
organisieren, wo von Laien der "Leib des HErrn" verteilt wird und
diese Laien auch predigen, man werde sich für die Zulassung Verheirateter zum
Priesteramt und für die Priesterweihe von Frauen einsetzen u.a.m.
Der hl. r.k. Kirche ungehorsam zu sein, das ist ganz was
Schlimmes, durch die Reihen der Strengkatholischen ging ein heftiges
Protestbeben und Kardinal Schönborn rief zur Ordnung, am 10. August wurden die
Pfarrerrebellen mit ihrem Anführer, dem früheren Wiener Generalvikar Helmut
Schüller, zum Rapport vorgeladen und Schönborn stellte klar, dass er als
Bischof seiner Diözese den Ungehorsamsaufruf "nicht so stehen lassen"
könne.
Schönborn verordnete laut Pfarrerinitiative eine
"Nachdenkpause".
Wobei das - katholisch betrachtet - vermutlich nicht
heißen soll, alle machen eine Pause und denken nach, sondern die
Pfarrerinitiative macht eine Denkpause und fügt sich. Schüller äußerte nachher,
er habe nicht den Eindruck, dass die Sache glimpflich ausgegangen sei,
Schönborn habe durchblicken lassen, dass kein Platz mehr für ihn und seine
Priesterkollegen in der katholischen Kirche sein könnte, wenn sie ihren
Ungehorsam aufrechterhalten. Wenn die "Nachdenkpause" nicht zur
Zurücknahme des Ungehorsamsaufrufes führe, wäre Schönborn zum Handeln
gezwungen, der Kardinal habe außerdem erkennen lassen, dass er für die
Beibehaltung des Zölibats sei. Seitens der Diözese gibt es keine substanzielle
Stellungnahme zu den Gesprächen.
Die r.k. Kirche ist eine feudale Einrichtung. Demokratie
gibt es nicht, der Papst diktiert und die Gläubigen müssten folgen. In der
Praxis ist es allerdings längst so, dass der große Teil der Kirchenmitglieder
sich um die katholischen Weltsichten nimmer kümmert, die religiöseste Handlung
in diesen Kreisen ist die Bezahlung des Kirchenbeitrages. Da die katholische
Kirche defakto von ihren Kirchenmitgliedern außer dem Kirchenbeitrag nichts
verlangt, sind
in Österreich immer noch fast fünfeinhalb Millionen Leute katholische
Kirchenmitglieder, davon sind vielleicht um die zehn Prozent religiös aktiv,
gehen also regelmäßig oder zumindest öfters in die Kirche usw. In diesem engen
Bereich spielen sich dann die Konflikte ab: einerseits gibt es die
Strengkatholischen, die sich stramm nach Papst und konservativen Bischöfen
richten, andererseits auch liberal Ausgerichtete, die sich eher am Zweiten
Vatikanischen Konzil orientieren und von dort ausgehend weitere Reformen
wollen.
Papst
Ratzinger steht aber geistig im Vormodernismus, er möchte zurück in die Zeit vor
dem Konzil. Dadurch hat das Ganze auch für Außenstehende einen gewissen
Unterhaltungswert. Was wird Kardinal Schönborn, der ja für seine Zaghaftigkeit
bekannt ist, machen, wenn die Pfarrerinitiative nicht zu Kreuze kriecht? Haut
er dann die gut 300 Priester der Initiative hinaus und reduziert schlagartig
seinen Bestand an geistlichen Herren um rund sieben Prozent? Am
wahrscheinlichsten wird es sein, dass der Schüller und ein paar andere Anführer
gemaßregelt werden und die übrigen zu Kreuze kriechen.
Wir sind
Kirche am 11.8. in einer Presseaussendung: "Kardinal Schönborn möge den Bogen nicht überspannen".
Es heißt dort u.a.: "Wenn in diesen Fragen, wie konkret beim Pflichtzölibat, das Gespräch von der
Kirchenleitung weiter verweigert wird kann es zu Dammbrüchen kommen, welche die
Kirchenleitung nicht mehr übersehen kann. Der Aufruf der Österreichischen
Pfarrer-Initiative weist ausschließlich auf feststellbare und allseits bekannte
Fakten hin und ist weltweit bekannt. Strafmaßnahmen könnten zu dominoartigen
Solidarisierungen führen, die auch die vatikanischen Auftraggeber Schönborns
nicht mehr stoppen könnten."
Helmut Schüller, der Leiter der
Pfarrerinitiative-im Interview
mit den OÖNachrichten (Ausgabe 12.8.): "Ich werde nichts zurücknehmen"
- u.a. sagte Schüller, "wenn man auf verwaschene Formulierungen verzichtet, muss man sagen, dass das,
was ein Großteil der Pfarrer und Gemeinden praktiziert, Ungehorsam ist. Sich darauf hinauszureden, dass das still geduldet wird, halte ich für
"unhygienisch" für das Innenleben der Kirche. Gerade die Gehorsamsdiskussion hat
gezeigt, wie wenig geklärt dieses Thema ist. Denn die Vorstellung des Kardinals
von Gehorsam deckt sich sicher nicht mit jener der Mehrheit des Kirchenvolkes.
(..) Ich persönlich werde nichts zurücknehmen und sehe den Dingen, die da kommen
könnten, gefasst ins Auge."
Nächstes Jahr
startet trotz aller dieser innerkirchlicher Querelen in Europa die katholische Neuevangelisierung!
In den elf Städten Wien,
Köln, Paris, Budapest, Dublin, Lissabon, Brüssel, Liverpool, Warschau, Turin,
Barcelona geht's 2012 los, die katholische Kirche verkündet den Säkularisten
den katholischen Glauben!
Das wird ein Spaß!