Leider ist mir ein Fehler passiert. In der Info Nr.
580 hab ich wieder einmal die österreichischen Verhältnisse gerühmt: hierzulande
treten deutlich mehr Katholiken aus der Kirche aus (was stimmt!) und "in
Österreich gibt es durch die 'Pfarrerintitiative' einen innerkirchlichen Aufstand
gegen Rom, für den es in Deutschland nicht einmal ansatzweise etwas Ähnliches
gibt".
Letzteres war offenbar ein Unsinn.
Denn in Deutschland
fiel dieser Tage der dortige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert
Zollitsch (also sozusagen die deutsche Variante vom Kardinal Schönborn)
sehr schlimm auf. Er sprach sich nämlich dezitiert für eine der Forderung der
"Pfarrerinitiative" aus.
In deren Ungehorsamsprogramm heißt
nämlich der 2. Punkt: "WIR WERDEN gutwilligen
Gläubigen grundsätzlich die Eucharistie nicht verweigern. Das gilt besonders
für Geschieden-Wiederverheiratete (..).
Zollitsch sagte: der Ausschluss vom Kommunionempfang von wiederverheirateten
Geschiedenen sei eine "Frage der Barmherzigkeit", es müsse Menschen
geholfen werden, "deren Leben in wichtigen Dingen unglücklich verlaufen
ist". Dazu führte er das Beispiel des aktuellen deutschen Bundespräsidenten
Christian Wulff an, der so ein wiederverheirateter Geschiedener und gleichzeitig
sehr christlicher Politiker ist, laut Zolltisch "ein Katholik, der seinen
Glauben lebt und darunter leidet, wie die Situation ist". Über den für
September 2011 anstehenden Staatsbesuch Ratzingers in Deutschland hatte Wulff
gesagt: "Es ist mir und sehr vielen Menschen in unserem Land eine ganz
besondere Freude und Ehre, den Heiligen Vater im 60. Jahr seiner Priesterweihe
in seinem Heimatland begrüßen zu dürfen". Bei der katholischen Kommunion
ist Wulff nicht willkommen. Außer bei ungehorsamen Priestern.
Im Glückwunschschreiben anlässlich des von CDU und CSU aufgestellten Kandidaten
Wulff zum Bundespräsidenten schrieb Bischof Zollitsch:
"(..) Schon heute
biete ich Ihnen die ungeteilte Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz
an. Die katholische Kirche ist nicht nur interessiert, sondern empfindet die
Verpflichtung, an der Gestaltung und am Wohlergehen unseres Staates mitzuwirken.
Gewiss wollen wir, wo es notwendig ist, unsere Stimme auch kritisch erheben.
Vor allem aber geht es darum, unsere Möglichkeiten der Unterstützung zur Verfügung
zu stellen, auf die der Staat nicht verzichten kann (..)."
Da darf sich dann ein leitender Biscxhof schon auch ein bisschen trauen,
wider den Stachel zu löcken. Hatte er sich wohl so gedacht. Aber das spielen
sie im Vatikan nicht. Nahezu postwendend kam die Kopfwäsche: Jean-Claude Périsset,
Apostolischer Nuntius in Deutschland, warnte vor überhöhten Erwartungen für Reformen
in der katholischen Kirche. In Sachen Kommunion an wiederverheirateten Geschiedenen
ist nämlich "die Lehre der Kirche klar und mit einer Veränderung nicht
zu rechnen".
Ja, so ist es. Weil es gilt: die Ehe ist ein Sakrament, dass sich die Eheleute
gegenseitig bei der Trauung spenden, die Ehe wird vor Gott geschlossen und was
Gott geschlossen hat, darf der Mensch nicht trennen.
Es heißt im Katechismus
§2382: "Die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen getauften Katholiken
kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod,
aufgelöst werden."
Und §2384: "Die Ehescheidung ist ein schwerer Verstoß
gegen das natürliche Sittengesetz. Sie gibt vor, den zwischen den Gatten freiwillig
eingegangenen Vertrag, bis zum Tod zusammenzuleben, brechen zu können. Die Ehescheidung
missachtet den Bund des Heiles, dessen Zeichen die sakramentale Ehe ist. Das
Eingehen einer, wenn auch vom Zivilrecht anerkannten, neuen Verbindung verstärkt
den Bruch noch zusätzlich. Der Ehepartner, der sich wieder verheiratet hat,
befindet sich dann in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch".
Wer geschieden ist und nicht mehr heiratet (oder in einer sonstigen Verbindung
lebt), der ist sündenfrei, wer aber in ziviler oder "wilder" Ehe lebt,
der lebt in schwerer Sünde. Gegen diese Sünde hilft auch eine Beichte nichts,
weil dazu müssten die Beichtenden diese Sünde bereuen und dürften sie nimmer
fortsetzen. Also ist die Verspeisung des "Leib des HErrn" verboten
und bleibt es. Allerdings wäre es nicht die katholische Kirche, wenn es nicht
doch einen heuchlerischen Nebenausgang gäbe: Der Nuntius weiß und empfiehlt ihn:
die Nichtteilnahme an der Kommunion sei kein Ausschluss aus der Kirche, denn
"die Barmherzigkeit Gottes kennt vielfältige Wege". Außerdem gebe
es fallweise die Möglichkeit, die Gültigkeit der Ehe zu überprüfen.
Wenn die Scheidungswilligen nämlich nachweisen, dass ihre Verehelichung nicht
den katholischen Grundsätzen entsprochen habe, z.B. kein Wille für Kinder dagewesen
sei oder keine innere Zustimmung zum Sakrament, dann könne ein Gericht im Vatikan
die Ehe für nicht geschlossen erklären. Da die Zahl der Scheidungen ja ständig
zunimmt, was wohl durch die Emanzipation der Frauen sehr gefördert wurde, haben
auch im Vatikan diese Ehetrennungen stark zugenommen und werden auch akzeptiert.
Als seinerzeit im Jahre 2003 die ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidatin Benita
Ferrero-Waldner ihre unauflösliche katholische Erst-Ehe auflöste, um als katholisch
zweitvermählt auftreten zu können, meinte Heiner Boberski, ehemaliger Chefredakteur
der katholischen Wochenzeitung DIE FURCHE, man könne sich für das Annullierungsverfahren
"die richtigen Antworten leicht besorgen, wie einst bei der Gewissensprüfung
durch die Zivildienstkommission".
Also Herr Bischof Zollitsch: Alles verstanden? Nicht wieder wider den Stachel
löcken, sondern auf die Weisheit des Vatikan vertrauen. Eine solche katholische
Scheidung ist ab einem Preis von etwa 400 Euro erhältlich und stimmt mit der
katholischen Lehre überein.