Der
Windischgarstner Pfarrer und Beinahebischof Gerhard Wagner musste sich natürlich
zu den Ungehorsamsaufrufen der österreichischen Pfarrerinitiative äußern. Er
vertritt dabei die Ansicht, alle Forderungen der Initiative widersprächen den
kirchlichen Lehren.
Aus dem Interview mit Wagner in den OÖN vom 8.9.:
OÖN:
Rom sagt, es ist wichtig, dass in den Pfarren die Messe gefeiert wird. Der Priestermangel
macht dies oft unmöglich. Warum lockert die Kirche nicht die Zulassungsbedingungen?
Wagner:
Schauen wir auf das Beispiel Christi: Er war ehelos und zölibatär. Und die Jünger
sind ihm ganz nachgefolgt.
OÖN: Petrus war aber nachweislich
verheiratet.
Wagner: Er ist Jesus trotzdem ganz gefolgt. Außerdem:
Hören wir auf mit der Häresie, der Zölibat sei aus dem 11. Jahrhundert. Da gibt
es Untersuchungen, die zeigen, dass diese Linie früher da ist. Die Kirche könnte
das ändern, wenn sie wollte. Aber trotz der vielen Probleme, die wir mit der
zölibatären Lebensform haben, ist sie ein Wegweiser. Wir müssen Zeugnis geben
von einem priesterlichen Leben, wo Freude spürbar wird.
Somit ist
dem Pfarrer Wagner klar, dass der Zölibat eine kirchliche Vorschrift ist und
kein biblischer Auftrag. Die Kirche beruft sich dazu auf Matthäus 19, 1-12.
Dort diskutiert Jesus mit seinen Jüngern über die Ehescheidung, Jesus will diese
nur im Falle des Ehebruchs zulassen (Vers 9: "Ich sage aber euch: Wer sich
von seinem Weibe scheidet - es sei denn um der Hurerei willen - und freit eine
andere, der bricht die Ehe; und wer die Abgeschiedene freit, der bricht auch
die Ehe"), worauf die Jünger meinen, dann sei es besser ledig zu bleiben,
Jesus im Vers 11 und 12: "Das Wort fasst nicht jedermann, sondern denen
es gegeben ist. Denn es sind etliche verschnitten, die sind aus Mutterleibe
also geboren; und sind etliche verschnitten, die von Menschen verschnitten sind;
und sind etliche verschnitten, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreiches
willen. Wer es fassen kann, der fasse es!"
Somit heißen die Worte
des Evangeliums eigentlich, Priester sollten kastriert sein, wenn sie es fassen
können. Von einer Ehelosigkeit aus Prinzip ist nicht die Rede.
Beim
tatsächlichen Gründer der christlichen Kirche, Paulus, heißt es im 1. Korinther,
1-9: "Wovon ihr aber mir geschrieben habt, darauf antworte ich: Es ist
dem Menschen gut, dass er kein Weib berühre. Aber um der Hurerei willen habe
ein jeglicher sein eigen Weib, und eine jegliche habe ihren eigenen Mann. Der
Mann leiste dem Weib die schuldige Freundschaft, desgleichen das Weib dem Manne.
Das Weib ist ihres Leibes nicht mächtig, sondern der Mann. Desgleichen der Mann
ist seines Leibes nicht mächtig, sondern das Weib. Entziehe sich nicht eins
dem andern, es sei denn aus beider Bewilligung eine Zeitlang, dass ihr zum Fasten
und Beten Muße habt; und kommt wiederum zusammen, auf dass euch der Satan nicht
versuche um eurer Unkeuschheit willen. Solches sage ich aber aus Vergunst und
nicht aus Gebot. Ich wollte aber lieber, alle Menschen wären, wie ich bin (Anm.:
also ehelos); aber ein jeglicher hat seine eigene Gabe von Gott, der
eine so, der andere so. Ich sage zwar den Ledigen und Witwen: Es ist ihnen gut,
wenn sie auch bleiben wie ich. So sie aber sich nicht mögen enthalten, so lass
sie freien; es ist besser freien denn Brunst leiden.
Über Bischöfe
sagt Paulus in 1 Timotheus 3, 2-4: "Es soll aber ein Bischof unsträflich
sein, eines Weibes Mann, nüchtern, mäßig, sittig, gastfrei, lehrhaft, nicht
ein Weinsäufer, nicht raufen, nicht unehrliche Hantierung treiben, sondern gelinde,
nicht zänkisch, nicht geizig, der seinem eigenen Hause wohl vorstehe, der gehorsame
Kinder habe mit aller Ehrbarkeit."
Somit ist also nirgendwo die
Rede von einer Vorschrift für Ehelosigkeit. Der Zölibat wurde im Laufe der Zeit
eingeführt, um zu vermeiden, dass sich auch in der Kirche feudale Regeln ausbreiten,
nämlich die Vererbbarkeit von Pfarr- und Bischofsämtern, ja die Vererbbarkeit
des Papsttums, also die kirchliche Hierarchie sozusagen privatisiert würde.
Weil der Durchgriff von oben nach unten musste nach all den langen Fraktionskämpfen
gewährleistet bleiben. Heute hätte sowas keine Bedeutung mehr, weil die Vererbbarkeit
von Pfarrhöfen oder Diözesen sich gesellschaftlich nicht mehr an der Vererbbarkeit
von gräflichen oder herzoglichen Gütern orientieren würde. Jetzt geht's beim
Zölibat nur noch ums Prinzip (und vielleicht darum, dass die alten Herrn im
Vatikan aus sklerotischen Gründen mit Sexualität sowieso nimmer viel am Hut
haben).
In Sachen Kommunion an wiederverheiratete Geschiedene ist
die Sache klar, siehe oben Mt. 19, 9, Geschiedene leben im Ehebruch, das
steht im Evangelium, da hat Wagner bibelsicher recht. Zu weiblichen Priestern
steht nichts in der Bibel, zur üblichen katholischen Argumentation, beim letzten
Abendmahl wären eben keine Frauen dabei gewesen, könnte einem der alte Witz
einfallen, dort wären auch keine Polen dabei gewesen und Karel Wojtyla sei trotzdem
sogar Papst geworden.
Aber insgesamt muss man dem Pfarrer Wagner wieder
recht geben. Was er sagt, das ist römisch-amtlich katholisch.
Wieder
sei angemerkt: wer katholisch ist, kann das ja nicht einfach auf seine Eltern
schieben, weil ihn diese taufen haben lassen, jeder trägt selber dafür Verantwortung,
niemand kann heutzutage zur Mitgliedschaft in der katholischen Kirche gezwungen
werden. Wagner meint im OÖN-Interview, "Es gibt klare Aussagen der Kirche.
Wer das nicht mittragen kann, der muss sich eine andere Glaubensgemeinschaft
suchen."
Richtig! Als Atheist kann man diesen Ratschlag nur empfehlen!
Vielleicht mit der Ergänzung, dass man sich ja nicht einmal eine andere Glaubensgemeinschaft
zu suchen braucht, Kirchenaustritt genügt!