Für eine demokratische Kirche?

Am 11. 10. 2011 sind österreichische katholische Reformergruppen mit ihren Forderungen zur Unterstützung der ungehorsamen "Pfarrerinitiative" an die Öffentlichkeit getreten. "Wir sind Kirche" und die "Laieninitiative" vermeinen, es müsse möglich sein, eine demokratisch-katholische Kirche zu formen.

Es wurde ein Forderungsprogramm vorgelegt,
darin heißt es einleitend: "Die Glaubwürdigkeit der Kirche hat durch die zunehmende Abkehr vom Konzil und die Blockade von Reformen schweren Schaden genommen". Konkret wird die mangelnde Bereitschaft zur Annäherung an die anderen christlichen Kirchen kritisiert, ebenso die Missachtung der Subsidiarität innerhalb der Kirche, obwohl eigenverantwortliches Handeln an der Basis eine Kernforderung der katholischen Soziallehre sei. Dass der Zölibat "nicht verhandelbar" sei, die Kirche "für die Menschenrechte, die die Würde aller Menschen sichern" nur nach außen eintrete, diese aber "innerhalb kirchlicher Institutionen" nicht gelten, sind weitere Kritikpunkte.

Demokratische Verhältnisse hätte es in der Frühkirche gegeben, diese wären mit der konstantinschen Wende (als die katholische Kirche römische Staatskirche wurde) abgeschafft worden. "Die römische Kirche ist zunehmend einem autoritären Zentralismus verfallen, der in einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts unerträglich ist. Sie kann sich dabei weder auf das Beispiel Jesu noch auf das frühe Christentum berufen. Die Bischöfe vertreten nicht ihre Diözesen, sondern verstehen sich als ausführende Organe römischer Direktiven; gleichzeitig wird die Stimme der Gläubigen systematisch ignoriert. Wer unter diesen Umständen den christlichen Glauben glaubwürdig leben will, muss den traditionellen Gehorsam gegenüber diesem System einer kritischen Gewissensprüfung unterziehen und sich von jenen Regeln distanzieren, die im Widerspruch zur christlichen Freiheitsordnung stehen."

Und darum: "Wir, die getauften und gefirmten Gläubigen, ausgestattet mit dem gemeinsamen Priestertum, sehen uns im Gewissen verpflichtet, als Christinnen und Christen das Notwendige eigenverantwortlich wahrzunehmen. Wir lehnen alle die Menschenwürde beschneidenden Bestimmungen des Kirchenrechts ab, in dem es keine Gewaltenteilung, keine Grund- und Freiheitsrechte und kein menschenwürdiges Prozessrecht gibt, und verlangen eine neue Kirchenverfassung."

Konkret wird angekündigt, man wehre sich gegen den durch den Zölibat verursachten Priestermangel und werde "nach Wegen suchen, Eucharistiefeiern sicherzustellen und Laien zur Predigt einzuladen". Ferner sollen wiederverheiratete Geschiedene und Angehörige anderen christlicher Konfessionen zur gemeinsamen Kommunion eingeladen werden.

Der Schlusssatz: "Wir fordern unsere Bischöfe auf, die Realität wahrzunehmen, sich mit dem Volk Gottes zu verbünden und endlich auch ihren Beitrag für eine neue Glaubwürdigkeit der Kirche zu leisten."

Man kann also wieder einmal die Kritik der konservativen katholischen Kreise bestätigen: die Reformer vertreten protestantische Positionen.
In Martin Luthers Kirchen ist das Forderungsprogramm der katholischen Reformer längst Alltag. Dort gibt es keinen Zölibat, alle können den Leib des HErrn verspeisen, Ehen werden nicht unauflöslich vor Gott geschlossen, sie sind laut Luther "ein weltlich Ding". Die angeblich demokratischen Verhältnisse in der christlichen Frühkirche hat es nicht gegeben, bereits in der frühesten Zeit stritt man auf Mord und Brand, in den evangelischen Kirchen herrschen jedoch meist demokratische Verhältnisse, etwa bei der Pfarrerbestellung und der Bischofswahl.

Wahrhaft katholisch ist das, was der Pfarrer Wagner in Windischgarsten, der Pfarrer Skoblicki in Kopfing oder der Weihbischof Laun in Salzburg machen.

Und der Glaubensschwund hat seine Ursache nicht im Priestermangel oder im Papst. Der Glaubensschwund hat seine Ursache in der Glaubenslehre. Die Leute können heutzutage weder mit dem lieben, noch mit dem bösen Jesus viel anfangen. Zu glauben, ein allmächtiger Gott habe ein Universum mit 100 Milliarden Galaxien geschaffen und kümmere sich dann um das Abendgebet des kleinen Maxl und werde dereinsten den alten Max ins Paradies heimführen, bedarf einer großen Menge heiliger Einfalt.

An dieser notwendigen großen Masse an Einfalt im Volke gebricht es den christlichen Kirchen in Europa zunehmend. Ob die Kirche demokratisch oder despotisch ist, ist eher zweitrangig. Austrittsstatistiken in Deutschland (dort sind katholische und evangelische Kirche etwa gleich groß) zeigen, dass die despotische Kirche in der Regel sogar weniger Mitglieder verliert. Denn klare Regeln binden eher als freundliche Beliebigkeit.

Die Reformbestrebungen in der katholischen Kirche werden wohl sowieso keinen Erfolg haben und falls doch: deswegen werden die Menschen nicht religiöser werden.