"Kultussteuer": Der Bauer als Provokateur

Aus den OÖNachrichten vom 7. Jänner 2012

Ob Oberösterreichs Agrarlandesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) mit diesem Echo gerechnet hat? Mit seiner "Steueridee", die er als Landes-Bauernbundobmann ausschickte, beschäftigte er nicht nur die Landes-, sondern auch die Bundespolitik. "Kirchensteuer-Flüchtlinge", so Hiegelsberger wörtlich, sollten mittels eines gleich hohen Beitrages für Kultuszwecke am Erhalt der sakralen Bauten mitzahlen, denn "die Stifte, Klöster und Kirchen sind Wahrzeichen des Landes", von denen auch Nicht-Kirchenmitglieder profitieren.

"Diskussionswürdig" fand das zwar Oberösterreichs Generalvikar Severin Lederhilger, schränkte aber ein, man müsse die unterschiedlichen Systeme von privatem Kirchenbeitrag und Steuer berücksichtigen. "Interessant" fand die Idee der St. Pöltener Bischof Klaus Küng.

VP-Bundeschef Vizekanzler Michael Spindelegger schien überrascht: In den Sparmaßnahmen der ÖVP finde sich dieser Vorschlag nicht, sagte er. Und Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) meinte, die Idee habe in der momentanen Steuerdebatte nichts verloren. Spindelegger meinte auch, man werde sehen, wer sonst noch etwas dazu sage.

Solche Wortmeldungen gab es genügend, überwiegend wurde Hiegelsbergers Meldung als Provokation und als sachlicher Fehlgriff interpretiert. Der Bauernbundchef wisse offenbar nicht, dass Konfessionsfreie und auch Angehörige anderer Religionen ohnedies schon über allgemeine Steuermittel, vor allem über den Denkmalschutz, kirchliche Bauten miterhalten, war allgemein die sachliche Erwiderung.

"Völlig abstrus" nannte etwa die oberösterreichische Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger den Vorstoß. Grünen-Abgeordneter Harald Walser sah eine "klassische Neujahrs-Schnapsidee", Grünen-Landtagsklubobmann Gottfried Hirz ergänzte, dass eine "Diskriminierung Konfessionsloser und aus der Kirche Ausgetretener" nicht in Frage komme - und fragte sich, welche Idee als nächste käme: "Eine Sportstättensteuer für alle, die in keinem Sportverein sind?"

Mit "Schnapsidee" quittierte FP-Landesrat Manfred Haimbuchner Hiegelsbergers Vorschlag. Zwar sei das christliche Kulturgut von Bedeutung, mit einer "Zwangskirchensteuer" werde aber das Gegenteil von dem erreicht, was Hiegelsberger bezwecken wolle. "An Absurdität nicht zu überbieten", reagierte BZÖ-Nationalratsabgeordneter Rainer Widmann.

Soweit die OÖNachrichten. Aber vielleicht kann man dem Herrn Landesrat Hiegelsberger noch einen historischen Tipp geben? Seinerzeit als Österreich das letzte Mal eine durchgehend wahrhaft katholische Regierung hatte, nämlich in der klerikalfaschistischen Zeit ab 1933/34, wurde im August 1933 folgende Verordnung erlassen:

Das wär doch was, Herr Landesrat! Wer aus der Kirche austritt, wird auf seinen Geisteszustand untersucht! Das hat sich seinerzeit in der Dollfußdiktatur wunderbar bewährt und die Regierung wurde vom Vatikan für ihr christliches Wirken hoch gelobt!