Das fordert laut dem christlichen Medienmagazin "Pro" der Greifswalder
Professor für Praktische Theologie, Michael Herbst: Sowohl die Kirchensteuer
als auch eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft sei für die
Kirche in Deutschland verzichtbar, Die Kirchensteuer sei nur eine "kalte
Steuer": Eine ganze Kirche könne "wie der reiche Jüngling werden",
wenn sie sich darauf ausruhe. Gerade Kirchen und Gemeinden, die finanziell besonders
gut situiert seien, könnten kaum mehr entscheiden, was wichtig und unwichtig
sei. Bei der Frage danach, was unaufgebbar sei, sei nicht die Meinung von Menschen
wichtig. Vielmehr komme es darauf an, was für Jesus unaufgebbar sei, für Jesus
seien alle Menschen unaufgebbar.
Jesus habe alle Privilegien, die er als
Gottes Sohn gehabt habe, aufgegeben und sei für die Menschen gestorben. Das
sei der zentrale Inhalt, "mit dem Kirche steht und fällt", so Prof.
Herbst: "Wenn sie das aufgeben würde, wäre sie keine Kirche mehr."
Alle kirchlichen Ämter, Strukturen, Steuern, Gebäude und Zeremonien seien im
Vergleich dazu unwichtig. Die Gemeinden dürften "keinen Menschen aufgeben,
der nichts von Jesus gehört hat".
Ressourcen sollten konsequent
für die Erneuerung von Gemeinde eingesetzt werden, um eine geistliche Erneuerung
in Deutschland zu fördern." Jährlich sei eine Überprüfung der Gemeinden
notwendig, ob ihr Fokus richtig gesetzt sei.
Da hört man wieder Papst Ratzinger durchklingen, der bei seiner Deutschland-Tournee
vom September 2011 auch gemeint hatte, die Kirche sollte auf Privilegien verzichten
(siehe Info Nr. 606), was seine Bischöfe in höchste
Verwirrung stürzte und in Dementi-Notstand brachte. Bis heute weiß man in der
katholischen Hierarchie nicht so recht, was eigentlich gemeint gewesen wäre
und welche Vorstellungen der alte Herr Ratzinger haben könnte.
Der Theologie
Herbst traut sich nun eine entsprechende Sicht zu äußern, die ähnlich klingt
wie Kardinal Schönborns Andeutungen über kleine Gruppen aktiver Katholiken,
die ihren Glauben lebend und verkündend durch die Gegenden ziehen sollten (siehe Info
Nr. 625).
Gemeinsam ist allen offenbar der
Umstand, dass sie wissen, der christkatholische Glaube ist nimmer recht tief
verwurzelt, in der Regel ist römisch-katholischen Kirchenmitgliedern die römisch-katholische
Religion im Einzelnen kaum mehr geläufig und im Lebensalltag ziemlich egal.
Katholisch zu sein, ist in Österreich nimmer Staatsbürgerpflicht.
Nun denken offenbar die Leute, die besonders stark religiös einbetoniert
sind, darüber nach, wie sie ihre Mitmenschen ebenfalls religiös einbetonieren
könnten. Mit vorgehaltener Hellebarde geht's schon länger nimmer und auch der
soziale Druck, der das Katholischsein zur Konvention gemacht hatte, schmilzt
im weltanschaulichen Klimawandel auf dem Markt der Beliebigkeiten.
Also wird der Jesus noch höher gehoben. Wenn Prof. Herbst meint, sein Jesus
habe alle Privilegien eines Gottessohns aufgegeben und sei für die Menschen
gestorben, dann kann man ihm tröstende Worte spenden, dass sowas für einen Gottessohn
ja kein sonderliches Problem sein kann, mal kurz ein paar Tage tot zu sein und
dann wieder den Posten als Gottessohn einzunehmen, das könnte er dank der ihm
nachgesagten Allmacht zwecks Bekehrung
der Welt und zur Hinwegnahme der Sünden monatlich machen.
Aber andererseits jetzt damit zu drohen, alle Leuten, die nix vom Jesus gehört
haben, von christlichen Verkündern verfolgen zu lassen, ist keine schöne Botschaft.
Denn erstens: wer wird in unseren Breiten noch nix vom "Jesus" gehört
haben. Und zweitens: Was sollen die Leute tun, die vom Jesus gehört haben, aber
nix mehr von ihm hören wollen? Bekommen die dann Pickerln, wie sie die Reklameverzichter
am Briefkasten haben? Irgendwie muss man ja die Menschen, die keinen Jesus wollen,
schützen!
Aber andererseits: wäre es nicht ein wahrer Heidenspaß, wenn die katholische
Kirche tatsächlich solche Versuche starten würden? Ohne Privilegien, ohne staatliche
Gelder und ohne einklagbare Mitgliedsbeiträge. Aber darauf können wir sicherlich
warten bis zum "Jüngsten Gericht" oder zumindest bis der Christenglaube
im Laufe der Zeiten evolutionär das Zeitliche gesegnet hat.