Das fordert in Deutschland die Kampagne "Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz" - Säkulare Verbände und Aktivist/inn/en sind zur Mitarbeit aufgerufen. In Deutschland haben nämlich Betriebe wie Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime u.ä., die sich im Besitz von Religionsgemeinschaften befinden, besondere Rechte. Obwohl solche Einrichtungen so gut wie überhaupt nicht mit Kirchengeldern finanziert werden, müssen sich die dort Beschäftigten religiösen Diktaten unterwerfen.
Die europäischen Antidiskriminierungsbestimmungen müssen auch in kirchlichen
Einrichtungen gelten! Dies ist Ziel der Kampagne "Gegen religiöse Diskriminierung
am Arbeitsplatz" (GerDiA), die am 29. Februar 2012 gestartet ist. Sprecherin
der Kampagne ist die ehemalige SPD- Spitzenpolitikerin Ingrid Matthäus-Maier.
Sie betrachtet die "offensive Ausgrenzungspolitik kirchlicher Betriebe"
als einen "Skandal, der nicht weiter hingenommen werden darf".
Zentrale
Forderung der Kampagne ist es, "die Religions- und Weltanschauungsfreiheit
in allen öffentlich finanzierten Sozialeinrichtungen zu gewährleisten".
Das kirchliche Arbeitsrecht führe hier zu "offenkundigen Verstößen gegen
das Grundgesetz". Religionsgesellschaften dürften sich nicht in die private
Lebensführung ihrer Angestellten einmischen. Zudem müssten die dort Beschäftigten
"die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer haben, also einen Betriebsrat
bilden und streiken dürfen. (..) Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum für
Caritas und Diakonie andere Bestimmungen gelten sollten als für die Arbeiterwohlfahrt",
erklärt GerDiA- Sprecherin Ingrid Matthäus-Maier. Der "besondere Tendenzschutz"
für Religionsgemeinschaften nach Paragraph 118, Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes
müsse ersatzlos gestrichen werden.
Konzipiert wurde die Kampagne vom Internationalen
Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Giordano-Bruno-Stiftung
(gbs). Die Initiatoren hoffen auf breite gesellschaftliche Unterstützung. "Viele
Menschen empfinden es als unhaltbaren Zustand, dass in Krankenhäusern und Altenheimen
das Personal nach der Religionszugehörigkeit eingestellt wird", meint IBKA-Vorsitzender
René Hartmann. "Eine derartige Diskriminierung von Konfessionslosen und
Andersgläubigen ist nicht hinnehmbar." Michael Schmidt-Salomon, Vorstandsprecher
der Giordano- Bruno-Stiftung, stimmt zu: "Ärztinnen, Altenpfleger, Kindergärtnerinnen
oder Schuldnercoaches haben keinen Verkündigungsauftrag. Deshalb darf die Religionszugehörigkeit
keine Rolle dabei spielen, ob ein qualifizierter, engagierter Mensch eine Arbeitsstelle
erhält oder nicht."
Um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen, hat
die Kampagne unter der Adresse www.religioese-diskriminierung.de eine Webseite
konzipiert, die über die Thematik aufklärt. Dort kann Kontakt zur GerDiA- Koordinierungsstelle
aufgenommen werden, die in den kommenden Monaten Fälle von religiöser Diskriminierung
am Arbeitsplatz dokumentieren wird. Dazu ergeht an die Interessenverbände der
Konfessionslosen und Bürgerrechtsvereinigungen der Aufruf in den lokalen Medien
auf entsprechende Fälle zu achten und diese der Kampagnenkoordinatorin mitzuteilen.
Ebenso sollen Stellenanzeigen dokumentiert werden, die Konfessionslose und Andersgläubige
von Jobs, die nicht im Bereich Verkündigung und Seelsorge liegen, ausschließen.
Für eine Studie zu "Loyalitätsobliegenheiten von Dienstnehmern in kirchlichen
Einrichtungen" werden zudem Gesprächspartnerinnen und - partner mit direkter
Erfahrung aus dem beruflichen Alltag oder aus juristischen, politischen, gewerkschaftlichen
und humanistischen Zusammenhängen gesucht. Diesbezügliche Kontakte sollen direkt
an die Leiterin der Studie, Corinna Gekeler, vermittelt werden.
In Österreich gibt es zwar keine derartig extremistischen Sonderrechte für Kirchenbetriebe wie in Deutschland, aber Einmischungen ins Privatleben finden auch hier statt, etwa bei Ehescheidungen und Wiederverheiratungen oder Kirchenaustritten. Allerdings hört man zu diesem Themenbereich in Österreich fast nie was.