In
den OÖNachrichten vom 5.4.2012 meint die Chefredakteurin der Zeitschrift "Welt
der Frau", Dr. Christine Haiden in ihrer wöchentlichen Kolumne, "Ein
bisserl Bibel kann nicht schaden". Sie bezieht sich dabei auf ein Interview,
das Bischof Schönborn mehreren Zeitung gab und dabei sagte "es ist nicht
verboten, die Zehn Gebote zu kennen". Er meinte damit zurzeit unter heftigen
Korruptionsverdacht stehende Politiker. Seltsamerweise sind dies überwiegend
Leute aus der christlichen ÖVP und aus dem Bereich FPÖ & BZÖ, wo ja seit
den 1990ern auch das Christlichsein im Parteiprogramm steht, die FPÖ ist sogar
für ein "Abendland in Christenhand".
Gerade in diesen christlichen
politischen Bereichen scheinen die Gebote, "Du sollst nicht stehlen"
und "Du sollst nicht lügen" nicht allzu bekannt zu sein. Den säkular
ausgerichteten Grünen, die ganz bestimmt den "Zehn Geboten" nicht
als moralische Vorgabe huldigen, sind die einzige Partei ganz ohne Korruptionsvorwürfe.
Auch die SPÖ ist im Vergleich zu den Christenparteien eher nur am Rande davon
betroffen.
Frau Haiden schreibt in ihrer Kolumne konkret: "Statistisch
nicht haltbare Umfragen in meinem Umfeld haben ergeben, dass im Wesentlichen
nur drei Gebote alle kennen: Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen,
du sollst nicht töten. Ohne diese Kolumne als Bibelstunde zu bemühen, ein paar
Erkenntnisse aus eigener Nachhilfe. Ein Schriftkundiger lenkte meine Aufmerksamkeit
auf die ersten Gebote. In der katholischen Version steht da: Du sollst an einen
Gott glauben, du sollst den Namen Gottes ehren und du sollst den Tag des Herrn
heiligen. Ich ließ mir erklären, dass diese drei Gebote nicht zufällig am Anfang
stünden, denn nur so ergäben die folgenden Verbote einen Sinn. Man könnte also
sagen, wenn man nicht an Gott glaubt, ihm nicht den entsprechenden Platz einräumt,
steht die Moral auf tönernen Füßen.
Ich wurde außerdem belehrt, dass der
Dekalog in Richtung der rechts- und kultfähigen Männer, der freien Bauern Israels
formuliert wurde. Nur wenn diese sich an Regeln hielten, konnte es den Schwächeren
und so dem Gemeinwesen gut gehen. Klingt das nicht sehr aktuell?"
Wie
oben schon angeführt: die Moral der Gottesbekenner steht auf viel schlechteren
Füßen als die der Säkularisten. Aber der Chefredakteurin einer katholischen
Frauenzeitschrift sollten eigentlich die Zehn Gebote auch in der Form bekannt
sein, wie sie den "freien Bauern Israels" formuliert worden sein sollen,
hier die zitierten ersten drei Gebote in Originalfassung:
1.
Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild
machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde
unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern
niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr,
dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge
ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation;
bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden
meine Huld.
2. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen;
denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht.
3.
Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und jede
Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht.
An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave
und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht
hat. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles,
was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet
und ihn für heilig erklärt.
Diese frühgeschichtlichen Stammesgesetze
heute als moralische Pfeiler zu verkaufen, wagt nicht einmal die katholische
Kirche und hat sie daher längst neu formuliert. Auch in der Form wie sie Haiden
wiedergibt, sind Befehle, an einen Gott glauben, seinen Namen ehren und seinen
Tag heiligen zu müssen, nicht als allgemeine moralische Forderung, sondern
als eine Art klerikalfaschistisches Diktat zu sehen.
Nimmt man
hingegen die ersten drei Gebote des Atheisten Ebon Musings, dann hat man was
Vernünftiges:
1. Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch
keinem andern zu.
2. Strebe immer danach, keinen Schaden anzurichten.
3.
Behandle deine Mitmenschen, andere Lebewesen und die Welt im Allgemeinen mit
Liebe, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Respekt.
Gänzlich ohne Gott, dafür aber mit Hirn und darum garantiert nicht schadenstiftend.