Domradio-Meldung vom 5.5. 2012: Würzburgs Bischof Friedhelm
Hofmann hat die Bedeutung der christlichen Kirchen als Wertekompass für die
Gesellschaft betont. Er sei fest davon überzeugt, dass die Gesellschaft
verloren wäre, "wenn die Kirchen nicht mehr da wären". Der Staat sei
auf eine Ethik angewiesen, die er selbst nicht schaffen könne. Dazu brauche es
die Kirchen. Gleichwohl räumte Hofmann ein, dass die Zeit der großen
Volkskirche vorbei sei. Die Welt sei pluralistischer geworden, die übervollen
Kirchen der 1950er Jahre gehörten endgültig der Vergangenheit an. Dennoch
sollten sich die Kirchen "aber nicht in die Sakristeien zurückdrängen
lassen, sondern unsere Positionen mutig nach außen vertreten", sagte der
Würzburger Bischof. (..)
Gerade in Deutschland hat diesbezüglich ein langjähriger
Großversuch stattgefunden. Die in den 1990er-Jahren in die BRD eingegliederte
DDR ist weitgehend religionsfrei. Rufen wir uns die Zahlen in Erinnerung:
In Deutschland-Ost glauben
8,2 % an einen persönlichen
Gott, also an einen Gott, dem gegenüber Sünder rechenschaftspflichtig wären,
46,1 % sind deklarierte Atheisten, die nie an einen Gott geglaubt haben. In
Deutschland-West lauten diese Zahlen 32 % für die an einen persönlichen Gott
Glaubenden und 4,9 % für Daueratheisten.
Werfen wir einen Blick auf die Kriminalitätsstatistik von
2010: Die sog. "Neuen Bundesländer", also die ehemaligen DDR-Bereiche,
liegen bei der Zahl der angezeigten Straftaten pro 100.000 Einwohner
zwischen sieben- und achttausend, die westlichen Bundesländer zwischen fünf-
und dreizehntausend. Wobei es offenbar eine große Rolle spielt, ob es sich um
dicht besiedelte städtische Bereiche handelt oder um überwiegend
kleinstädtisch-dörfliche, letztere haben deutlich niedrigere Kriminalitätsraten.
Nach der These von Bischof Hofmann müsste es im gottlosen
Osten mit den vielen gottlosen Atheisten jedoch ein Vielfaches an Straftaten
geben, mit fast zehnmal sovielen Atheisten könnte es doch gar nicht sein, dass
z.B. Hessen und Sachsen oder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ungefähr
die gleichen Kriminalitätsraten haben! Oder im Städtevergleich: Bielefeld und
Chemnitz oder Freiburg und Halle oder Dortmund und Leipzig, alle diese jeweils
ungefähr gleichgroßen Städte liegen so im Bereich zehn- bis zwölftausend.
Besonders auffällig ist außerdem, dass Tatverdächtige unter 18 Jahren im Gebiet
der ehemaligen DDR signifikant weniger sind als im Westen, obwohl es im Osten
nur sehr geringen Besuch des Religionsunterrichtes gibt.
Ferner ist auffällig, dass über 21 % der nichtdeutschen
Tatverdächtigen Türken sind und den Türken wird sicherlich keine Religionsferne
nachgesagt. Man möchte fast vermuten, ein islamischer Kulturhintergrund könnte
kriminelles Verhalten fördern statt verhindern. Die zweitgrößte Gruppe sind mit
knapp sieben Prozent die Polen, auch die sind nicht für Religionslosigkeit
berühmt. Jedoch liegen die sehr religionsfreien Tschechen mit einem Prozent
Anteil am Ende dieser Liste.
Oder wird dann als nächstes Argument kommen, dass wegen der leeren Kirchen die Kriminalität angestiegen sei? Was sich ebenfalls leicht im Großversuch widerlegen lässt: die USA sind ein hoch entwickeltes Land, in welchem sich durch die von Anbeginn existierende Religionsfreiheit religiöse Traditionen weitaus besser gehalten haben als in Europa, wo bis weit ins 20. Jahrhundert um die Befreiung von religiöser politischer und ideologischer Herrschaft gekämpft werden musste und darum die Religionsfreiheit in der Form der Freiheit von Religion ein wesentlich wichtigere Rolle spielt. In den USA liegt die Religiosität noch auf Höhen wie in Europa vor Jahrzehnten. Trotzdem sind dort regelmäßig mehr als zwei Millionen Menschen in Haft, das ist pro 100.000 gerechnet ca. das Zehnfache von Österreich. Und in den USA kennen fast alle die Gebote Gottes ...