Tschechien: Milliarden an die Kirchen?

In der CSSR waren 1948 von der kommunistischen Regierung die Kirchengüter verstaatlicht worden. Diese Verstaatlichung erfolgte auf eine ähnliche Weise wie im 18. Jahrhundert die Enteignung von über 800 katholischen Klöstern durch Kaiser Joseph II., der als aufgeklärter Absolutist den Einfluss der Kirche zurückdrängen wollte. Der Erlös aus dieser Klosterauflösung wurde einem Religionsfonds zugeführt, daraus wurden Priestergehälter und neu zu errichtende Pfarren finanziert. Das funktionierte bis nach dem 1. Weltkrieg, dann zerschmolz der Fonds infolge der Nachkriegsinflation und die Priester wurden direkt aus der Staatskasse besoldet. Die während der Nazidiktatur eingeführte Kirchensteuer blieb nach 1945, der Staat schmeißt zwar auch heute noch der katholischen Kirche Geld nach, aber ihre Priester müssen sich die Kirchen selber zahlen.

In der CSR ab 1918, in der CSSR ab 1948 und nach dem Ende des Kommunismus in Tschechien blieb das System der Besoldung der Geistlichen gleich: Sowohl in der Republik nach dem 1. Weltkrieg und bei den Kommunisten als auch von den demokratisch gewählten Regierungen danach wurden die Gehälter der Geistlichen vom Staat bezahlt. In Tschechien bekannten sich bei der Volkszählung 2011 von den 10,56 Millionen Einwohner nur noch 1,2 Millionen zu einer Glaubensgemeinschaft, davon 1,08 Millionen zur katholischen Kirche. Eine Kirchensteuer gibt es in Tschechien immer noch nicht, alle Bürger müssen einen Beitrag für den Betrieb der katholischen Kirche leisten.

Die konservative Parlamentsmehrheit hat im Juli beschlossen, 17 anerkannten Glaubensgemeinschaften (davon sind mitgliedermäßig 16 bedeutungslos, es geht daher allergrößtenteils nur um die katholische Kirche) 56 % ihres einstigen Besitzes im Schätzwert von 2,92 Milliarden Euro zurückzugeben. Dazu sollen noch 2,3 Milliarden Euro in dreißig verzinsten Jahresraten kommen. Dafür sollen die bisherigen laufenden staatliche Zahlungen an die Kirchen schrittweise abgesenkt und schließlich eingestellt werden. Warum keine detaillierten Gegenrechnungen zu den staatlichen Leistungen seit 1918 erfolgen, warum nicht gegengerechnet wird, wieviel vom 1948 verstaatlichtem Eigentum über die Jahre den Kirchen in Form der Geistlichengehälter und anderer staatlicher Leistungen zugute kam, ist rätselhaft. Auch für die tschechischen Sozialdemokraten und Kommunisten: sie wollen nun im Senat das Rückgabegesetz vom Juli zu Fall bringen. Auf gutes Gelingen! Zwei Drittel der tschechischen Bevölkerung sind gegen diese Kirchenbeschenkung!

PS: Für die von Kaiser Joseph II. enteigneten katholischen Klöster zahlt nach 230 Jahren gemäß einer Verpflichtung im Konkordat die Republik Österreich immer noch jährlich 30 Millionen Euro - in echtem Geld rund 412 Millionen Schilling - an die katholische Kirche, der Religionsfonds war ursprünglich durch die Klosterauflösungen mit 35.000.000 Gulden bestückt worden, das wären heute nach dem Guldensilberwert gerechnet etwa 2,2 Milliarden Euro. Davon wurden von den 1780er-Jahren bis in die 1920er-Jahre die Geistlichen bezahlt und neue Pfarrern eingerichtet, warum muss da der Staat trotzdem in alle Ewigkeit der katholischen Kirche Geld in den Arsch blasen? Die Menschen, die (wie der Religionsfonds) in der Inflation nach dem 1. Weltkrieg ihre Vermögen verloren haben, die bekommen natürlich nix, nicht einmal dann, wenn sie katholisch sind.