Esoterikunterricht für Volksschüler

Offensichtlich können in Wien einige Wirtschaftskammerfunktionäre und esoterische Geschäftemacher problemlos über die Schulen die Indoktrinierung unmündiger Kinder betreiben: 522 Volksschüler sollten eine Esoterikmesse besuchen. An die Öffentlichkeit gebracht wurden diese Blödheiten von der Kronen Zeitung, Bericht vom 13.9.2012:

522 Volksschüler müssen am Freitag Esoterik "lernen" - Statt Mathe und Co.

Handauflegen statt Mathematik und Deutsch zu lernen? Für mehr als 500 Wiener Volksschüler ist Esoterik am Freitag Unterrichtsfach. Die Kinder besuchen die Messe "7. Energethikerstadt" in Wien-Floridsdorf. Auf dem Stundenplan: Bodytalk, Edelsteine, Kinderenergethik. Eltern zeigen sich skeptisch. Reiki-Meister sind Veranstalter von "kids4energy", das während der Unterrichtszeit stattfindet. Hinter der Veranstaltung, die Kinder die "Welt der Energie" näher bringen will, stecken die Wiener Wirtschaftskammer und die Energethiker-Agentur. Die gehört einem Ehepaar (sie Reiki-Meisterin, er Reiki-Meister und Bachblüten-Experte), das laut eigenen Angaben die gesunde Jause für 522 Volksschüler sponsert.

Missfallen bei Wiener Stadtschulratspräsidentin
Die "7. Energethikerstadt" findet an einem Veranstaltungsort namens "Colosseum XXI" statt. Acht Workshops wie tibetische Klangschalen, Edelsteine, die Kinder "auf liebevolle Weise unterstützen", oder Bodytalk ("Grundprogramm mit Sofortwirkung") dürfen die Kleinen besuchen. Zum Missfallen der Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl und einiger Eltern.
Am Mittwoch erhielt sie einen offenen Brief, in dem Eltern den Besuch der Veranstaltung kritisierten. Durchgegriffen wurde erst am Donnerstag: Nach einem Anruf der "Krone" erging ein E-Mail an alle Bezirksschulinspektoren: "Ich darf darauf hinweisen, dass die Veranstaltung 'kids4energy' seitens des Stadtschulrats nicht unterstützt wird."

Soweit die Krone.

Der erwähnte Offene Brief von der Gesellschaft für kritisches Denken an die Präsidentin des Statdschulrats Wien stammte schon vom 7. September:

Sehr geehrte Frau Dr. Brandsteidl, mit Verwunderung haben wir - die Gesellschaft für kritisches Denken - feststellen müssen, dass Schulkinder für fragwürdige Werbeaktionen schulfrei bekommen.
Es geht um die "7. Energethikerstadt", eine Werbeveranstaltung, bei der am Freitag, dem 14. September, ein ganzer Vormittag dem Sonderprogramm "Kids4energy" für schulpflichtige Kinder von 6-10 Jahren gewidmet ist, wie bereits im Jahr 2011. Das Event-Programm wurde an alle Schulen geschickt, und obwohl daraus hervorgeht, dass es sich bei den acht Workshops um esoterische Werbeangebote handelt, sind 522 Kinder angemeldet worden.
Durchführende sind sogenannte Energethiker. Dabei handelt es sich um ein freies Gewerbe, für dessen Ausübung keinerlei Vorbildung notwendig ist. Energethiker dürfen laut Statuten mit Menschen arbeiten, aber ausschließlich Methoden anwenden, für die es keine Belege und keine wissenschaftliche Grundlage gibt. Was Energethiker tun, hat demnach keine seriöse Grundlage.
Das trifft auch auf das Kids4energy-Programm zu. Hier werden Kinder mit verschiedenen Varianten der Kinesiologie und anderen esoterischen Methoden vertraut gemacht. Unter anderem auch mit der "Eutonie-Pädagogik" - wobei die Durchführenden allerdings keine pädagogische Ausbildung haben.
Als Lernhilfe sind all diese Angebote nachweislich nicht geeignet.
Das Ziel der Volksschule ist Kulturtechniken zu lehren - Lesen, Schreiben, Rechnen. Sind auch die Vermittlung von Aberglauben und Exkursionen in esoterische Gedankenwelten vom Lehrplan vorgesehen?
Um Informationen ersucht die GkD, Gesellschaft für kritisches Denken.
Mit freundlichen Grüßen - Dr. Krista Federspiel

Soweit der Brief. Ob die Veranstaltung verhindert wurde oder nicht, war derweilen nicht zu ermitteln. Aber es schaut so aus, als habe es der Wiener Stadtschulrat verabsäumt seinen Pflichten nachzukommen. Der bloße Hinweis, dass man die Veranstaltung nicht unterstütze, lässt ja alles offen.