Katholisch-kapitalistische Einheitsfront

Die unveränderte Einheitsfront von ÖVP, katholischem Christentum und Kapitalismus manifestierte sich dieser Tage öffentlich und offiziell.

Die oö Wirtschaftskammer und die Diözese verkünden ihren gemeinsamen Glauben in herzinnigster Umarmung. Wenn man die heute gelebte neoliberale Praxis des bedingungslosen Profitstrebens und der ständigen Verschärfung der Ausbeutung ein bisschen kennt und die verkündete
christlich-wirtschaftliche Darstellung liest, dann kann und muss man als Atheist ebenfalls was verkünden: Ihr Pharisäer, auf bloß fünf Seiten Text so viel zu heucheln und die Wirklichkeit so zu verdrehen, das ist wahrhaft eine weltmeisterliche Leistung und voll auf der Linie der christkatholischen Tradition des Unsozialismus und der augenverdrehenden salbungsvollen Scheinheiligkeit!

Hier folgend die Presseaussendung vom 18.9.2012 von Mag. Kuno Haas, dem Landessprecher der Grünen Wirtschaft OÖ zur mit der Kirche ausgehandelten christlichen Wertehaltung der Wirtschaftskammer Oberösterreich:

"Kirchenblatt statt OÖ Wirtschaft"

Die Wirtschaftskammer OÖ als Interessenvertretung aller oberösterreichischen UnternehmerInnen besinnt sich der christlichen Werte zur Orientierung für "die Wirtschaft"  - im Namen aller Wirtschaftstreibenden!
Im Sommer wurde es medial zelebriert  (siehe dioezese-linz.at) und nun findet es sich als Broschüre in den Briefkästen der FunktionärInnen der WKOÖ: das Manifest (siehe wie oben das Dokument "Kirche und Wirtschaft") der Wirtschaftskammer OÖ, Industriellenvereinigung, der Katholischen Kirche in Oberösterreich. In diesem Papier dokumentieren die Katholische Kirche und "die Wirtschaft in Oberösterreich" ihre gemeinsame christliche Verantwortung für die Gesellschaft.

FunktionärInnen der WKOÖ werden nun aufgerufen, die christlichen Grundsätze zu beherzigen und "in ihrem Umfeld umzusetzen" (Aussendung an die KammerfunktionärInnen vom 11. September).

Wir halten die religiös gefärbte Positionierung der WKOÖ für unangebracht:

Es spricht nichts dagegen, dass sich UnternehmerInnen - so auch der Unternehmer WKOÖ Präsident Rudolf Trauner - in einen Wertedialog mit gesellschaftlich relevanten Gruppierungen wie bspw. der katholischen Kirche begeben und hier persönliche Orientierung finden.
Die Werteorientierung "der Wirtschaft" an einer Religion vorzunehmen, ist in der Republik Österreich mit 12 anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften allerdings unangebracht.
Wir meinten, die Bindungen und Verflechtungen von Staat und Kirche gehörten dank Humanismus und Aufklärung der Vergangenheit an.
Von den offiziellen VertreterInnen der WKOÖ, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts der österreichischen Verfassung verpflichtet ist, wünschen wir uns Offenheit, Respekt, Anerkennung und Toleranz gegenüber allen Kulturen und eine darauf ausgerichtete Werteorientierung.

"Wenn also ein offener Wertedialog stattfindet, dann sollte dieser nicht eingleisig geführt werden. Auch fehlt eine Auseinandersetzung über die dringlichen Fragen unserer Zeit, z.B. das Zins- und Zinseszinsthema als Ursache und als Motor des herrschenden (Wirtschafts-)Wachstumszwangs mit den aktuellen, weltweiten Krisen. Zumindest in ihrer Geschichte hat sich die katholische Kirche (neben dem Islam im Übrigen) dazu klar positioniert: mit dem sog. Kanonischen Zinsverbot! Die Diskussion aus Sicht "der Wirtschaft" darüber zu vertiefen, wäre sicher lohnender gewesen," so Kuno Haas, Landessprecher der Grünen Wirtschaft OÖ.

Abschließend halten wir fest: WKOÖ-Präsident Dr. Trauner, IV-Präsident Ing. Pöttinger und die katholische Kirche haben mit ihrem Vorgehen die Wirtschaftstreibenden in OÖ für ihre Positionen und den damit verbundenen Machtanspruch vereinnahmt. Dürfen sich UnternehmerInnen künftig auf die Kirchenzeitung anstelle der OÖ Wirtschaft im Postkasten freuen?

Nachbemerkung: Die Stellungnahme von Mag. Haas ist voller barmherziger Nachsicht. Fast schon sozialdemokratisch.