Wie Domradio.de am 14.11.2012 berichtete, warnt Papst Benedikt XVI. vor
einer "wachsenden Gleichgültigkeit gegenüber Gott". Demnach komme
heute die größte Gefahr für den Glauben nicht mehr durch den klassischen Atheismus,
beunruhigender seien vielmehr Tendenzen, die "das Streben nach absoluter
Wahrheit als belanglos für das tägliche Leben" erklärten.
Wozu
man als Atheist anmerken darf, dass es nie der "klassische Atheismus"
war, der dem Glauben Gefahr brachte, weil es sind nicht Agitation und Propaganda,
die das Denken und das Bewusstsein verändern, sondern das Bewusstsein wächst
aus dem Sein. Wie schon Karl Marx in seiner hier ohnehin ständig zitierten Aussage
über das "Opium des Volkes" darlegte, ist Religion keine Folge von
Predigt und Verkündigung oder von Lüge und Priesterbetrug, sondern eine Folge
von bestimmten Verhältnissen. Religion befriedigt Bedürfnisse. Götter dienten
als Erklärung von Unerklärlichem, göttliches Wirken als Begründung für Schicksalhaftes,
als Hoffnung in Notlagen, Religion war eben der Seufzer der bedrängten Kreatur
und der Geist geistloser Zustände.
Heute sind viele der religionsschöpfenden
Seinselemente verschwunden. Wie auch auf dieser Site schon häufig zu lesen
war, gibt es inzwischen so viel Wissen, so viel gesellschaftliche Einrichtungen,
dass Gottvertrauen und Beten als letzte Hoffnung immer weniger eine Rolle spielen.
Wozu man früher im Alltag regelmäßig Gott brauchte, hat man heute die Medizin
und den Sozialstaat.
Ratzinger schlussfolgert daraus, es gebe jetzt
einen "praktischen Atheismus", der "noch zerstörerischer"
sei als die theoretische Bestreitung der Existenz Gottes in früheren Jahrhunderten.
Da er jedoch in keiner Weise in der Lage ist, eine Existenz seines Gottes zu
beweisen, muss er von den Folgen der Gottlosigkeit reden, die er sich einbildet.
So meint er, "wer Gott verleugnet, wird dem Wesen des Menschen nicht gerecht".
Was wohl heißen soll, sein Gott beweist sich dadurch, dass er den Menschen geschaffen
hat und der Mensch erweist sich als Gottesgeschöpf, was einer der Standardzirkelschlüssel
der Religiösen wäre und nicht die von Ratzinger reklamierte "absolute Wahrheit",
nach der zu seinem Bedauern die Menschen heute nimmer suchen täten. Übrigens:
Leugnen tut üblicherweise ein Tatverdächtiger eine Straftat. Die Existenz von
Göttern, Dämonen und Osterhasen leugnet man nicht, weil die hat bisher noch
niemand bewiesen.
Ratzinger meint außerdem, er müsse wieder auf den "Totalitarismus"
verweisen, für ihn war ja bekanntlich der Nationalsozialismus gottlos, obwohl
Hitler bis zu seinem Tode ein von der katholischen Kirche nie gerügter Katholik
war, die katholische Kirche nach Kriegsende zahlreichen NS-Kriegsverbrechern
mit falschen Papieren zur Flucht verhalf und Hitler seinen Antisemitismus in
"Mein Kampf" religiös begründet hatte, auf Seite 70 stand: "So
glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich
des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn".
Jetzt
ruft Papst Ratzinger jedenfalls die Christen dazu auf, ihre Überzeugungen zu
leben und sie gegenüber Atheisten, Skeptikern und Gleichgültigen "behutsam
und mit Respekt" vorzubringen. Immerhin hat er bemerkt, dass es "in
der modernen Gesellschaft schwieriger geworden" sei, sich zum christlichen
Glauben zu bekennen. Denn früher sei dieser Glaube "selbstverständlicher
Bestandteil des täglichen Lebens" gewesen und der Nichtglaubende habe sich
für seine Auffassungen rechtfertigen müssen.
Solche klerikalfaschistische
Zeiten vermisst der Ratzinger Peppi offenbar heute, bedauernd meint er,
heute sei es genau umgekehrt. So sind die Zeiten, früher waren Ungläubige auszugrenzende
Feinde der Gesellschaft, heute sind Gläubige eine seltsame Randerscheinung,
die Heiterkeit hervorrufen kann. Aber das ist gut und nicht schlecht.