Messbesuchswunder

Der Religionsmonitor der Bertelsmanns-Stiftung gab gegen Ende April 2013 in Deutschland seine neuesten Erhebungen bekannt. Die gleich zu Anfang genannte Zahl, dass 22 Prozent der in Westdeutschland Befragten oder dort Lebenden (wurde in den einzelnen Medien verschieden angegeben) zumindest einmal im Monat an religiösen Handlungen teilnähmen, war höchst überraschend. In Ostdeutschland seien das 12 Prozent.

Erst unlängst hatte mir ein kirchengehender katholischer Bekannter erzählt, bei der Sonntagsmesse sehe man immer dieselben Gesichter, lauter ältere Leute, die langsam wegstürben, junge kämen kaum nach. In Deutschland wird das auch nicht viel anders sein, auch dort werden nicht die fallweisen Kirchgänger dominieren, sondern eher die regelmäßigen. Die deutschen offiziellen kirchlichen Zahlen über den Besuch der Sonntagsmesse liegen bei der katholischen Kirche bei drei Millionen (d.s. gut 12 %), bei der protestantischen bei 900.000 (d.s. knapp 4 %) im Durchschnitt. Auch diese Zahlen dürften - zumindest bei der kath. Kirche - mit Vorsicht zu genießen sein. Die rund 15 Millionen Einwohner auf dem Gebiet der Ex-DDR sind zu bis 80 Prozent konfessionsfrei.

Rechnen wir nun damit ein bisschen. Im Gebiet der Ex-DDR müssten somit rund 50 % aller Mitglieder von Religionsgemeinschaften ihre Messpflicht einmal monatlich einhalten, weil sonst könnte man nicht auf die zwölf Prozent kommen. Im Westen leben rund 67 Millionen, von denen wären dann zumindest einmal monatlich 14,7 Millionen (22 %) beim Gottesdienst anzutreffen. Der westliche Anteil der behaupteten 3,9 Mio. Messbesucher dürfte sich auf etwa 3,6 Millionen belaufen, somit müsste von den im Westen vom Religions-Monitor behaupteten 22 Prozent bzw. 14,7 Mio. mindestens einmal monatlichen Messbesuchern jeweils knapp ein Viertel zum Gottesdienst laufen, damit beide Zahlen zusammenpassen. Es gäbe also fast kein Stammpublikum beim Messbesuch, sondern 75.000, die jeden Sonntag kämen, plus jeden Sonntag abwechselnd ein anderes Viertel der monatlichen Kirchgeher, viermal 3,6 Mio plus viermal 75.000, ergibt 14,7 Millionen.

Der Bertelsmann-Religions-Monitor darf daher angezweifelt werden. Es ist zu vermuten, dass unter den 1.000 Befragten die Zahl der Religiösen und der Kirchgänger recht deutlich über dem Bevölkerungsschnitt lag und dies nicht auf den tatsächlichen Bevölkerungsdurchschnitt heruntergerechnet wurde, vielleicht wollte man zu einem "schönen" Ergebnis zu kommen? Oder die Befragten haben massiv gelogen? Oder hab ich Denk- oder Rechenfehler eingebaut?