Der
ägyptische Autor Karam Saber wurde von einem Strafgericht in Suwaif am 12.6.
zu fünf Jahren Haft verurteilt: Wegen Beleidigung der Religion. Er hatte
nämlich vor zwei Jahren eine Sammlung von Kurzgeschichten mit dem Titel "Wo
ist Gott?" veröffentlicht. Saber hatte sich damit zu verteidigen versucht,
das Buch wäre ein literarisches Werk und könne deswegen nicht nach religiösen
Normen beurteilt werden. Der auch als Menschenrechtsaktivist tätige
Autor will gegen das Urteil Berufung einlegen, weil es nicht sein könne, dass
die al-Azhar-Moschee, die islamische Glaubensgemeinschaft und die Staatssicherheit
literarische Werke einer Beurteilung unterziehen.
Verfahren wegen "Beleidigung
der Religion" gegen Künstler, Fernseh-Moderatoren und koptische Christen
haben in Ägypten in den letzten Monaten zugenommen. Solche Verfahren hat es auch unter
dem Mubarak-Regime gegeben, aber seit die Islamisten an der Regierung sind,
sind die Verurteilungen gestiegen.
Wozu man wieder einmal anmerken
muss: auch in der Republik Österreich sind solche religiöse Verurteilungen immer
noch möglich. Im Strafgesetzbuch
steht immer noch der mittelalterliche Paragraf 188: "Wer öffentlich
eine Person oder eine Sache, die den Gegenstand der Verehrung einer im Inland
bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bildet, oder eine Glaubenslehre,
einen gesetzlich zulässigen Brauch oder eine gesetzlich zulässige Einrichtung
einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft unter Umständen herabwürdigt
oder verspottet, unter denen sein Verhalten geeignet ist, berechtigtes Ärgernis
zu erregen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe
bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
Verurteilungen gab es in den
letzten Jahren in Österreich nur noch im Zusammenhang mit dem Islam, österreichische
Gerichte nutzten diesen Paragrafen um bei beklagter Islambeleidigung islam-wesenverwandte
Urteile zu fällen, die christenbezüglich mit Sicherheit nie gefallen wären,
siehe dazu Info Nr. 689, dort ist dazu auch eine
christliche Variante theoretisch am Paragrafen 188 getestet worden.
Der Unterschied zu Ägypten
besteht also nicht grundsätzlich darin, dass es bei uns so einen menschenrechtsfeindlichen
Paragrafen nicht gibt, sondern darin, dass bei uns das Strafausmaß niedriger
ist und auch niemand auf die schwachsinnige Idee käme, wegen des o.a. Buchtitels
eine Klage einzubringen. Bei uns muss niemand wissen, wo Gott ist. Das
unterscheidet Österreich vom islamischen Ägypten.
Das arabische Netzwerk
für Menschenrechte verurteilte das Verfahren gegen Saber: "Die Zuweisung
zur religiösen Beurteilung von Kunstwerken und Kreativität ist völlig inakzeptabel
und stellt einen Angriff auf die Freiheit der Kreativität und die Freiheit der Meinungsäußerung
dar."
Gerade weil es auch in manchen Staaten im aufgeklärten Bereich
noch solche aberwitzige Religionsparagrafen gibt, ist es für Religionsfreie
besonders notwendig, sich mit solchen Themen zu befassen. Die Solidarität
mit Karam Saber muss auch mit der Forderung nach der Befreiung von den immer
noch vorhandenen religiösen Strafdrohungen in Österreich verbunden werden.