Dobermann Ewald Stadler bellt nicht mehr

Als "Dobermann Jörg Haiders" wurde seinerzeit Ewald Stadler als FPÖ-Fraktionsobmann im österreichischen Parlament von Medien tituliert. Jetzt bellt er nicht mehr. Nein, gestorben ist er nicht, er hat bloß für 2014 seinen Rückzug aus der Politik angekündigt, er will nicht mehr fürs EU-Parlament kandidieren, sich politisch nimmer betätigen und wieder als Anwalt arbeiten.

Ewald Stadler war eine der absonderlichsten Figuren im FPÖ & BZÖ-Bereich. Geboren 1961 werkte er von 1985 bis 1994 als FPÖ-Gemeinderat in einer Vorarlberger Gemeinde, war von 1989 bis 1994 auch im dortigen Landtag, seit 1991 als FPÖ-Klubobmann. 1994 wurde er Abgeordneter im Nationalrat und stellvertretender Klubobmann, er war auch einer der Haider-Stellvertreter im FPÖ-Vorstand, im März 1996 erkläffte er sich den Dobermann-Ehrentitel. Von 1999 bis 2001 war er Landesrat in Niederösterreich, danach bis 2006 Volksanwalt, dann wieder im Parlament. Nach einem Fraktionskampf in der FPÖ und einem heftigen Streit mit HC Strache wechselte er erst 2008 auf die Seite Jörg Haiders und dessen 2005 gegründete neue Partei "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ). 2011 wurde er als Nachrückender BZÖ-EU-Abgeordneter.

In der FPÖ hatte an sich bis in die Neunzigerjahre die deutschnationale Tradition aus der Schönerer-Zeit des 19. Jahrhunderts geherrscht, Stadler war ein seltsame Ausnahme, Burschenschaftler, schmisszerhackt und ein Extremkatholik. Das war ein Traditionsbruch, weil die Deutschnationalen hatten sogar einst eine eigene "Los von Rom"-Bewegung betrieben. Das heißt direkt für Rom war Stadler auch nicht, er war für die vormodernistischen Piusbrüder (siehe Bild rechts, da zeigt er sich kostümiert als Piuslaienbruder).

Im März 1997 ist Ewald Stadler an der Ausarbeitung eines neuen FPÖ-Parteiprogramms führend beteiligt, sein heftiger Katholizismus fließt dabei ein: "Die Bewahrung der geistigen Grundlagen des Abendlandes erfordert ein wehrhaftes Christentum". Die deklariert deutschnationalen FPÖler sind davon wenig begeistert. U.a. wird dem Dobermann vorgehalten, in der FPÖ müsse es um "Ehre, Freiheit, Vaterland" gehen und nicht um "Armut, Keuschheit, Gehorsam". Im folgenden Sommer wird bekannt, dass Stadler das Parteiprogramm u.a. mit Friedrich Romig, dem Europabeauftragten Bischof Krenns, und dem Engelswerk-Mitglied Robert Prantner erstellte.

Im Oktober 1997 wird dann das Stadler-FPÖ-Programm installiert, im neuen Parteiprogramm wird die "deutsche Kultur- und Volksgemeinschaft" hinausgeschmissen, hineinkommt, dass die FPÖ christlich, sozial und demokratisch ist.

Im November 1997 meint Stadler, er könne sich Bischof Krenn als FPÖ-Abgeordneten vorstellen.
Als Organisation gibt es für die freiheitlich-katholischen Ansichten den "Club Österreichischer Katholiken". Aber Stadler ist auch auf der traditionellen FPÖ-Seite fest im Sattel, im Juni 2002 redet er von der "angeblichen Befreiung" Österreichs im Jahre 1945. Als 2004 wegen diverser Vorkommnisse im Priesterseminar St. Pölten Bischof Krenn zurücktreten muss, droht Ewald Stadler der kath. Kirche mit einem Antikirchensteuervolksbegehren, wenn sie vom "rechten Weg" abweiche.

Im Jänner 2007 bemühte sich Piusbruder und FPÖ-Parteiakademie-Leiter Ewald Stadler, in der FPÖ eine Akademie für das wertkonservative katholische Lager einzurichten. FPÖ-Chef Strache gründet daraufhin eine neue Parteiakademie, Stadler tritt aus der FPÖ aus.

Im aktuellen FPÖ-Parteiprogramm von 2011 sind die christlichen Stadler-Parolen nicht mehr auffindbar, ein bisschen Christentum verblieb aber: "Österreich ist Teil des europäischen Kulturraums. Die europäische Kultur hat ihre ältesten Wurzeln in der Antike. Europa wurde in entscheidender Weise vom Christentum geprägt, durch das Judentum und andere nichtchristliche Religionsgemeinschaften beeinflusst und erfuhr seine grundlegende Weiterentwicklung durch Humanismus und Aufklärung. Wir bekennen uns zu den daraus resultierenden Grundwerten und zu einem europäischen Weltbild, das wir in einem umfassenden Sinn als Kultur-Christentum bezeichnen und das auf der Trennung von Kirche und Staat beruht."

In der Variante 2005 der FPÖ-Programms 1997 hatte es noch geheißen: "Die Bewahrung der geistigen Grundlagen des Abendlandes erfordert ein Christentum, das seine Werte verteidigt. Im Bestreben um den Erhalt dieser Grundlagen Europas sehen sich die Freiheitlichen als ideelle Partner der christlichen Kirchen (..)." 2009 war Strache noch mit dem Slogan "Abendland in Christenhand" in den EU-Wahlkampf gezogen, was deutliche Stimmenverluste verursachte, darum gab's 2013 seitens der FPÖ nur noch die Inländer-Nächstenliebe (siehe dazu Info Nr. 1551).

Das BZÖ steht jetzt vor dem endgültigen Aus. Nach Kritik am bisherigen BZÖ-Chef Bucher wurde Stadler von dessem Nachfolger Gerald Grosz (auch ein Strengkatholik!) nun aus dem BZÖ ausgeschlossen. Der Dobermann Ewald Stadler will darum ab Mai 2014 nur noch vor Gericht bellen. Die "Vorarlberger Nachrichten" ließ er wissen, "eine gewisse Pause tut nach 30 Jahren ununterbrochener politischer Tätigkeit gut, mein Bedarf an politischer Betätigung ist vorerst gedeckt". Er droht aber auch gleich eine mögliche Rückkehr an: "Mit der Mickey-Mouse-Partei (BZÖ), dem politischen Narrensaum (Team Stronach) und dem Brüllertum Straches kann ich nichts anfangen." Aber denkbar sei eine FPÖ ohne Heinz-Christian Strache.

Vermissen werden wir den Pius-Ewald wohl nicht, weil auch sein unfreiwilliger Unterhaltungswert eher gering war.