Katholisches Sterbehilfeverbot

Pressaussendung der Initiative Religion ist Privatsache vom 3.11.2013

Feierliche kirchliche Einmischung in politische Fragen

"Es ist eine demokratiepolitische Zumutung, wenn der Vertreter einer vom Staat finanzierten Religionsgemeinschaft sich bei laufenden Koalitionsverhandlungen in politische Belange einmischt und den Versuch unternimmt, eine Umgestaltung der österreichischen Verfassung nach religiösen Vorstellungen zu bewirken". Mit diesen Worten weist die "Initiative Religion ist Privatsache" die vom ORF am Samstag (2.11.2013) ausgestrahlte politische Forderung Christoph Schönborns zurück, dem Sterbehilfeverbot Verfassungsrang zu verleihen. Für Initiative-Sprecher Eytan Reif sei es zudem "mehr als bedenklich", wenn "solch ein klarer Versuch, die Gesetzgebung maßgeblich zu beeinflussen, über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfolgt, in dessen Leitgremien Vertreter der katholischen Kirche kraft Gesetz sitzen".

Die Forderung Schönborns stößt seitens der Initiative auch inhaltlich auf Kritik: "Es steht weder dem Staat noch irgendeiner Religionsgemeinschaft zu, sich in persönliche Entscheidungen über das eigene Leben sowie über den eigenen Tod einzumischen. Dass Schönborn ausgerechnet das Verbot der Sterbehilfe nun in die Verfassung aufgenommen wissen will veranschaulicht zudem, wie sehr er in seiner Intervention kirchlichen Agenden verpflichtet ist. Anders kann man sich nicht erklären, wieso seine Forderung nicht auch weit schwerwiegenderen Straftatbeständen wie Mord oder Kindesmissbrauch gilt". Schönborns im Rahmen der ORF-Ausstrahlung zusätzlich gestellte Forderung nach einer Ausweitung der staatlichen Finanzierung von Kirchensanierungen betrachtet Reif hingegen als "unverschämt" und als "Indiz dafür, dass eine grundlegende Diskussion über die Eigentumsverhältnisse von wichtigen Baudenkmälern in Österreich schon längst überfällig sei".

Soweit die Aussendung. Anzumerken ist noch, dass die katholische Kirche im Wege ihrer diversen Einrichtungen neben mobilen Hospizdiensten auch Sterbehospize einrichtet, die sich dann sogar an Atheisten mit Werbematerialien und Anpreisungen ihrer Dienste wenden - wie hier die Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis":

"In allen Einrichtungen der Caritas Socialis werden Menschen unabhängig von ihrer Konfession, ihrer Herkunft und Hautfarbe und ihrem gesellschaftlichen Status beraten, betreut und gepflegt - von Beginn an bis zum Ende des Lebens. Unheilbar krebskranke Menschen können in Würde und Geborgenheit Abschied nehmen, begleitet von professioneller und auf Wunsch auch spiritueller Betreuung."

Die Einführung einer erlaubten Sterbehilfe würde sich auf die Hospizdienste sicherlich schädigend auswirken. Caritas-Direktor Landau erneuerte 2012 zu den Hospizdiensten die Forderung der Caritas nach einer professionellen palliativen Versorgung von Menschen, die an einer nicht heilbaren, fortgeschrittenen Erkrankung leiden, dies könne in Form einer Aufnahme in die Sozialversicherungsgesetze erfolgen. Im Juli 2013 wiederholte er die Forderung nach der Berücksichtigung des stationären Hospizbereiches im Pflegebereich: "Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Wir appellieren daher dringend an die Sozial- und Gesundheitspolitik, der Ausbau und die Finanzierung von Hospizen müssen gesichert werden". Finanziert wird das Hospizwesen natürlich auch jetzt nicht mittels Kirchengelder, sondern durch Pflegegelder, Nutzerbeiträge und Spenden.

Zu einer gesetzlich festgeschriebenen Hospizfinanzierung passt der Vorstoß nach einem Verbot der Sterbehilfe durch ein Verfassungsgesetz. Dann müssten sozusagen auf ewig auch alle lebensüberdrüssigen Schwerstkranken durch die Mühle der Hospizpflege und die Kirche hätte in ihrem Bereich ein neues unerschütterbares Geschäftsfeld mit aus öffentlichen Geldern bezahlter "Nächstenliebe".

(Der obige Text wurde am 12.11.2013 präzisiert, weil vorher der Anschein erweckt worden war, die "Caritas" wäre alleiniger Anbieter von Hospizdiensten.)