Fast könnte man es glauben. Denn nach den detaillierten Zurechtweisungen
des "Heiligen Stuhls" (engl. "Holy See") im Bericht
des UN-Komitees für Kinderrechte empört man sich weiterhin im Vatikan und in
weiteren katholischen Kreisen darüber.
So meldete Radio Vatikan
am 7.2.2014: "Kinderschutzbericht: Komitee überschreitet seine Kompetenz".
Nach Meinung von Vatikansprecher Lombardi ist die mediale Berichterstattung
über den Fall unberechtigt und schädlich für den Vatikan. Der Bericht enthalte
schwerwiegende Mängel, denn das UN-Gremium habe die schriftlichen und mündlichen
Beiträge der Vatikanvertreter nicht adäquat berücksichtigt. Speziell habe man
die Natur des "Heiligen Stuhls" nicht verstanden, weil den könne man
nicht mit anderen Staaten vergleichen.
Da hat der Herr Lombardi zweifellos
recht. Weil der Vatikanstaat ist eine absolutistische und undemokratische
Wahlmonarchie. Der Vatikanstaat hat außerdem die Menschenrechtscharta der
UNO nicht unterschrieben.
Als Hauptvorwürfe gegen den UN-Bericht führt
Lombardi an, dass in Fragen der Verhütung, der Abtreibung, der Erziehung in
der Familie oder der Sicht auf die menschliche Sexualität Weisungen eigener
ideologischer und moralischer Prägung gegeben würden, dies sei als Einmischung
in die Lehrmeinung und Morallehre der katholischen Kirche zu werten.
Das
ist vielleicht was Wahres dran! Denn das UN-Komitee für Kinderrechte geht von
der UN-Menschenrechtscharta aus und deshalb von anderen Rechten aus als der
Vatikan.
In Sachen Abtreibung kommen im Bericht zwei Dinge vor:
die vergewaltigte Neunjährige in Brasilien, die mit Zwillingen schwanger war
und die katholische Kirche trotz eminenter Lebensgefahr für das Kind einen Schwangerschaftsabbruch
zu verhindern trachtete und in Sachen der Verhütungsmittel, die katholischerseits
verboten wären und wodurch unerwünschte Schwangerschaften und deren Abbrüche
verursacht würden. Offenbar hätte die UN-Kommission den Tod der Neunjährigen
ebenfalls in Kauf nehmen müssen und Geschlechtsverkehr nur in katholischer Ehe
und zur Verhütung nur die Methode Knaus-Ogino zulassen dürfen. Der katholischen
Kirche eine andere Sichtweise vorzuhalten: oh welche Kompetenzüberschreitung!
Rechte für Homosexuelle darf es selbstverständlich auch keine geben.
Bloß seltsam, dass sich die katholische Kirche diesbezüglich nicht an das Wort
Gottes hält: 3.Mose 20,13: "Schläft einer mit einem Mann, wie man mit
einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit
dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen." Dazu sollte Vatikansprecher
Lombardi vielleicht auch hier die Schuldigen aufdecken, die es verhindern, dass
die katholische Kirche dieses Wort Gottes heute noch wortgetreu vollziehen kann!
Und
der katholischen Kirche ihre Standpunkte in Erziehungsfragen vorzuhalten,
etwa bezüglich des o.a. Umgangs mit Sexualität oder betreffend die Gleichberechtigung
der Geschlechter und des Rechtes der Kinder, gehört zu werden etc.,
ist ebenfalls eine Kompetenzüberschreitung. Schließlich hat der Vatikan
ja die UN-Menschenrechtscharta nicht unterschrieben und lässt sich daher auch
die Missachtung von Menschenrechten nicht vorhalten. So gesagt hat Lombardi
das nicht, aber wie sonst hätte er es meinen können?
Und überhaupt:
der "historische Einsatz der universellen Kirche und des Heiligen Stuhls
für das Wohl der Kinder" sei laut Lombardi die Motivation dafür gewesen,
die Kinderschutzkonvention zu ratifizieren, da dann auch noch deren Einhaltung
einzufordern, ist eben eine Kompetenzüberschreitung. Oder so irgendwie.
Vatikanische
Schlussfolgerung: "Mit dem Bericht habe sich auch das UN-Kinderrechtskomitee
schwere und berechtigte Kritik zugezogen (..). Das Kinderrechtskomitee habe
der vorurteilsbeladenen Sicht einiger kirchenkritischer Verbände mehr Aufmerksamkeit
geschenkt als den Positionen des Heiligen Stuhls (..). Mit den negativen Folgen
des aktuellen Falls müssten die Vereinten Nationen nun umgehen, wenn sie auch
im Ganzen nicht für die Arbeitsweise eines einzelnen Komitees verantwortlich
gemacht werden könnten. Überhaupt seien die Empfehlungen dieses Komitees häufig
ziemlich fleischlos und von relativem Gewicht (..)."
Da wird das UN-Committee on the Rights of the Child (UN-CRC) zu zittern anfangen. Die heilige katholische Kirche zu kritisieren, ist schließlich eine bodenlose Ungehörigkeit. Immerhin kann man dem Vatikan zugute halten, dass Lombardi kein Recht für Kleriker eingefordert hat, ungestraft Kinder schänden zu dürfen, weil das eine alte katholische Tradition sei. Erstaunlich.