Strafe für ungezogene Banker

Publiziert am 30. April 2014 von Wilfried Müller auf www.wissenbloggt.de

Die New York Times berichtet viel über den unverdienten Reichtum und dessen Bekämpfung. Am 29.4. schreiben Ben Protess und Jessica Silver-Greenberg über Two Giant Banks, Seen as Immune, Become Targets: Zwei Großbanken, systemreleant, sprich unberührbar, geraten in den Fokus der Staatsanwaltschaft. Es geht um die französische Bank BNP Paribas und die Schweizer Credit Suisse (Bild von Giorgio Conrad, FA2010, Wikimedia Commons).

Der Inhalt des Artikels in freier Wiedergabe:

Beide Großbanken stehen kurz vor einer Anklage durch die amerikanische Staatsanwaltschaft. Jetzt geht es nicht mehr um einen Deal, sondern um eine richtige Anklage, bei der die Banken schuldig gesprochen werden könnten â€" zum ersten Mal seit zwanzig Jahren für eine internationale Großbank.

Damit konterkarieren die Strafverfolger den Glauben an die systemrelevanten Wall-Street-Institutionen. Das Credo too big to fail gilt nicht mehr. Der öffentliche Aufschrei über die Verschonung der Großbanken ging bis zur Karikierung des Spruchs als too big to jail  (zu groß um sie ins Gefängnis zu werfen).

In Washington und New York haben sich die Regulatoren darüber verständigt, wie man kriminelle Bankenpraktiken bestrafen kann, ohne die Banken dichtzumachen und damit das Finanzsystem zu gefährden.

Die Credit Suisse wird angeklagt, weil sie Amerikanern das Angebot zur Steuerhinterziehung gemacht hat (nach Schätzungen sind 88% der Anlagen dort Schwarzgeld), und die BNP Paribas ist dran, weil sie Geschäfte mit Staaten gemacht hat, die auf der Sanktionsliste der der USA stehen, wie etwa dem Sudan und Iran. Die BNP Paribas hat sich die Unterstützung von hochrangigen französischen Offiziellen gesichert, aber sie ist dem Zugriff der Staatsanwälte ausgesetzt, weil sie eine grioße Investment-Filiale in New York hat. Diesmal sind sie härter dran als die englische Bank HSBC, die sich vor zwei Jahren ähnlichen Anklagen entziehen konnte ("haarsträubende Fehler bei der Verhinderumg von Geldwäsche").

Die Bedingungen für die Anklage sind schwierig, weil kein Schaden angerichtet werden soll. Da warnen schon mal Stimmen, wenn die Banken dadurch ihre Zulassung entzogen bekommen, dann ist das wie eine Todesstrafe. Das Vorgehen der Staatsanwälte muss also mit den Regulatoren abgestimmt werden (die in den USA das Bankwesen neu regulieren sollen).

Nach den NYT-Informationen ist die Verständigung weit gediehen, die Banken und ihre Manager anzuklagen, ohne ihnen die Lizenz zu entziehen. Da redet aber auch die Fed mit, die amerikanische Quasi-Bundesbank. Trotzdem kann der Weg der Anklage schwierig sein. Die Regulatoren mögen mit den Strafverfolgern übereinstimmen, aber sie können sich auch durch Regeln gebunden fühlen, sich nicht in Straffälle einzumischen. Die NYT spricht von politischen und rechtlichen Minenfeldern, durch die zu navigieren sei. Außerdem machen die Verteidiger Druck gegen die Staatsanwälte, damit die Regulatoren die Banken unter der Anklage nicht zumachen. Laut NYT-Zitat gibt es da ein klaffendes Loch in der Regulierung, das die Übeltäter nur zu gern für ihre Zwecke nutzen wollen.

Die Argumentation der Verteidiger läuft wieder auf too big to fail hinaus, die Strafverfolgung könnte die ganze Wirtschaft gefährden â€" in anderen Worten, aus too big to fail wird nun too big to indict, zu groß um sie zu verklagen. Das geht auf schlechte Erfahrungen mit dem Unternehmensskandal bei Enron zurück, das 2002 wegen Bilanzfälschungen angeklagt wurde, woraufhin „The World's Greatest Company“ kollabierte. Seither gehen die Ankläger vorsichtiger vor.

Die Offiziellen von BNP und Credit Suisse wollten sich nicht zu der Sache äußern, während die Strafverfolger den Mund ziemlich voll nehmen. Die Rede ist von Schwerverbrechen, sie rechnen bald damit. dass sie eine ungenannte bedeutende Finanzinstitution damit drankriegen.

Vielleicht ist das alles nur ballyhoo, denn Verhandlungen sind in Gang, wo die BNP bereits 1,1 Mrd. Dollar Strafe als freiwillige Zahlung zugesagt hat, und es kann noch mehr werden. Aber es ist immer wieder von ernsthaften Anklagen die Rede, wo die Schuld nachgewiesen werden könne. Weil das so gravierend ist, wird auch die Möglichkeit von temporären Einschränkungen erwogen, dass die BNP zum Beispiel kein Geld mehr durch ihre New Yorker Filialen transferieren darf â€" das wird dann teuer für sie. Das Hin und Her ist in vollem Gang, wie die NYT ausführlich beschreibt. Als Beispiel wird auch JPMorgan zitiert, noch eine Großbank, die bereits 2 Mrd. Dollar Strafe zahlen musste. Aber das war ein Deal, und keine Verurteilung.

Fazit: jetzt scheint es ernst zu werden. Die USA zeigen wieder mal den Willen, die Finanzinstitute in den Griff zu bekommen, siehe Die USA können’s, Euroland kann’s nicht. Bei uns hört man stattdessen nur vom Europaparlament, dass dort in der Sache gerangelt wird, ohne dass Konsequenzen folgen. Und die deutsche Bundesregierung? Die tut den Banken nichts zuleide und schaut zu, wie der unverdiente Reichtum weiter wächst.

Links von wissenbloggt zu den diversen Bankskandalen:
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