Nach Deutschland besucht der türkische Ministerpräsident Recep
Tayyip Erdogan auch Österreich. Bei Erdogans Besuch in Köln sind neben
seinen Anhängern auch zehntausende Gegner auf die Straße gegangen.
Auch Mitglieder der türkischen Community in Österreich kritisieren,
dass Erdogan vor der türkischen Präsidentenwahl auf Stimmenfang nach
Österreich kommt.
Erdogan Stimmenfang-Kalkulation dürfte nicht
aufgehen, weil sehr viele von den mehr als 110.000 in Österreich lebenden
Türken sind gegen ihn, vor allem die Kurden, Aleviten und die Säkularen.
Erdogan versucht die Integration zunichte zu machen und Unruhe zu stiften.
Es ist für die Integration der türkischen Migranten in Europa nicht
gut, die türkische Innenpolitik zu exportieren, wie es ohnehin dauernd
durch der türkischen Regierung nahestehende Kulturvereine und andere Organisationen
passiert.
Wie schon für seinem Köln-Besuch hat Erdogan der
Verein Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) nun auch nach
Wien eingeladen Die Organisation mit Niederlassungen in Deutschland, Belgien,
den Niederlanden, Frankreich und Österreich gilt als verlängerter
Arm in Europa von Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP).
Die
AKP und ihre Anhänger in Ausland richten viel Schaden an und arbeiten ganz
offen gegen eine Modernisierung der Denkweise und gegen die vollständige
Integration und der in Österreich und Europa lebenden Türken.
Türkischer
Staatsbürger, welche die österreichische erwerben, müssen zwar
dafür die türkische ablegen, aber sie können sich nach dem Erwerb
der österreichischen Staatsbürgerschaft die türkische wieder
zurückholen, das ist nach dem türkischen Staatsbürgerschaftsrecht
möglich. Wenn sie erwischt werden, bekommen sie allerdings Probleme. Denn
Österreich erlaubt dieses Vorgehen nicht und könnte deshalb die österreichische
Staatsbürgerschaft wieder ent-ziehen. Vermutlich sind zehntausende Türken
heimlich dieses Risiko eingegangen und deklarieren sich auf diese Weise als
illoyal gegenüber ihrer neuen Heimat.
Was aber in keiner Weise
die Integration fördert, sondern geradezu Schienen in Richtung Parallelgesellschaften
legt. Denn die Widersprüche zwischen den islamischen und europäischen
Lebenswelten werden dadurch nicht verkleinert, sondern vergrößert
und institutionalisiert. Leider wird sich das meiner Meinung stets aufs Neue
wiederholen, weil voraussichtlich aus der Islamwelt keine entsprechenden nachhaltigen
Reformen kommen werden, die diese Widersprüche mildern könnten. Es
ist sogar eher mit Verschärfungen zu rechnen. Auch Erdogan ist ein solcher
Scharfmacher.
Die Islamisten setzen österreichische und europäische
Staatsbürger dem Widerspruch zwischen säkularer Loyalität und
religiöse Identität aus, diese offene Frage wird uns noch lange Zeit
beschäftigen.
Zwar hatte der österreichische Außenminister
Kurz am 13.6. Erdogan aufgefordert, keinen Spalt in die österreichische
Gesellschaft hineinzutragen (siehe Info Nr. 1961),
aber die übrige österreichische Regierung versank wieder einmal in
der eigenen Mutlosigkeit. Statt gemeinsam einen klaren offiziellen Standpunkt
zum ungebetenen Besuch abzugeben, verweigerte man bloß mittels Terminausreden
ein offizielles Zusammentreffen. Man hätte deutlichere Worte gegen Erdogans
Ansichten und Absichten finden müssen!
Amer Albayati, geboren
1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte.
Er ist Mitbegründer
der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ). www.initiativeliberalermuslime.org.