BEGRÜNDUNG
"An das arrogante Ausland: wir sind nicht
mehr die Türkei von gestern!"
"Türkei wird das Gegengift
gegen den Rassismus in Europa sein"
"Aber wenn wir Assimilationen
sagen ... Assimilation-nein. Ich hatte das bereits gesagt und werde das Gleiche
jetzt sagen. Denn wir können keine Zugeständnisse machen von unserer
Sprache und unserer Kultur"
"Die Deutschen haben gesagt, 'sie trägt
ein Kopftuch'. Sie haben gesagt, 'er hat einen Bart'. Er betet. Sie haben uns
für nichts gehalten. [.] 'Du bist ein Arbeiter', haben sie gesagt. 'Bleibe
ein Arbeiter', haben sie gesagt. 'Du bist arm - bleib immer arm', haben sie
gesagt."
"Die [Oppositionellen] versuchen, dunkle Propaganda gegen
uns zu betreiben indem Sie uns vorwerfen, dass hier keine Pressefreiheit herrschen
würde. "
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der Wahlkampfrede
des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln.
Es ist ein Ausschnitt dessen, was zu erwarten ist, wenn er am 19. und 20. Juni
2014 nach Wien kommt um hier aufzutreten.
Erdogan ist dafür bekannt
in seinen Reden gegen demokratische Oppositionelle, unabhängige Medien
und andere Kritiker seiner Politik zu hetzen. Während er für sich
Rede- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nimmt, sorgt er dafür, dass
in der Türkei eben diese Rede- und Versammlungsfreiheit immer weiter beschnitten
wird. So hat er die Demonstrationen und Versammlungen der Demokratiebewegung
im Gezi Park blutig niederschlagen lassen, Sperren von Twitter und Youtube veranlasst
und zahlreiche regierungskritische Journalistinnen und Juristinnen verhaften
lassen. Erst jüngst wiederfuhr das einem CNN-Reporter, der an lässlich
des Jahrestags der Gezi Proteste berichten wollte. Erdogan bezeichnete ihn als
"Agenten" und "Kriecher" und ließ ihn verhaften. Erdogan
prangert Rassismus in Europa an, macht jedoch gleichzeitig gezielt Stimmung
gegen Andersdenkende, Oppositionelle und auch Andersgläubige. Sein Stellvertreter
behauptete z.B. "die Juden" seien schuld an den Protesten. In einer
Rede vor der Parlamentsfraktion bezeichnete Erdogan den deutschen Politiker
Cem Özdemir aufgrund seiner Kritik an ihm als "sogenannten Türken".
Jetzt
versucht Erdogan die türkischen Staatsbürgerinnen, die im europäischen
Ausland leben, für die nächsten Parlamentswahlen für sich zu
gewinnen. Dazu führt er Großveranstaltungen in Städten der EU
durch. Eines seiner nächsten Ziele ist Wien.
Die Stadt Wien soll
nicht als eine Plattform für Erdogans nationalistische Wahlkampfreden missbraucht
werden. Nationalistische Parolen wie man sie in Köln gehört hat und
welche die hier lebende Bevölkerung absichtlich in "wir" und
"ihr" spalten, gefährden das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung.
Sie tragen zudem Konflikte der Türkei gezielt in andere Staaten, um
bei der türkischen Wahl zusätzliche Stimmen zu gewinnen.
Der
Ministerpräsident eines fremden Staates hat damit vor, seinen geplanten
privaten Aufenthalt in Österreich gezielt zur politischen Verhetzung von
hier lebenden türkischen Staatsbürgerinnen zu nützen. Dieses
Vorhaben ist nicht nur geeignet, die Ordnung und Sicherheit der Republik zu
beeinträchtigen, sondern wirft auch heikle völkerrechtliche Fragen
im Zusammenhang mit diplomatischem Verkehr und der österreichischen Souveränität
auf.
1) Von wem, in welcher Form und wann wurden Sie über den bevorstehenden
Besuch von Recep Tayyip Erdogan in Wien informiert?
2) Handelt es sich bei
dem geplanten Besuch um eine Reise in offizieller Funktion als Amtsträger
der Türkei oder liegt ausschließlich efne Privatreise vor?
3)
Kommt es im Zuge des Besuchs zu Kontakten mit Funktionsträgern der Republik
Österreich, und falls mit wem und wann?
4) Was haben Sie bisher in dieser
Sache unternommen?
5) Ist es für den türkischen Ministerpräsidenten
Erdogan zulässig in Österreich politische Wahlkampfreden abzuhalten?
6)
Falls ja, wie weit geht dieses Recht - ist zB auch des Plakatieren von türkischen
Wahlplakaten in Österreich zulässig?
7) Entspricht ein Wahlkampfauftritt
des Regierungschefs eines fremden Staates den diplomatischen Gepflogenheiten
zwischen den Staaten?
8) Inwiefern ist es für die Beurteilung der Situation
von Bedeutung, dass seitens Recep Tayyipp Erdogans bei früheren Auftritten
Aussagen getätigt wurden, die als Beschimpfung des Auftrittsstaates und
als Aufruf gegen Integration verstanden werden können?
9) Welche völkerrechtlichen
und diplomatischen Möglichkeiten stehen Ihnen als Außenminister zur
Verfügung, um das Missfallen über eine derartige Vorgehensweise auszudrücken
bzw. einen derartigen Auftritt in Österreich zu verhindern?
10) Haben
Sie von diesen Maßnahmen bereits Gebrauch gemacht, wenn ja in welcher
Art und Weise und wenn nein warum nicht?
11)Wie beurteilen Sie die konkrete
Gefahrenlage hinsichtlich der Gefährdung des öffentlichen Wohls bzw.
der öffentlichen Sicherheit bei einer solchen Veranstaltung, insbesondere
auch im Hinblick auf mögliche Gegendemonstrationen ?
12)Werden seitens
der Türkei auch Sicherheitskräfte zur Begleitung von Recep Erdogan
entsandt, werden diese bewaffnet sein und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt
deren Tätigkeit in Österreich, insbesondere wenn es sich um einen
Privatbesuch handeln sollte?
13)Werden Sie mit dem türkischen Botschafter,
dem türkischen Außenminister und dem türkischen Ministerpräsidenten
in Kontakt treten, um ihnen mitzuteilen, dass Auftritte dieser Art in Österreich
unerwünscht sind?
14) Falls nein, weshalb nicht?