Sanktionen als Selbstschüsse

Nach dem Konkurs der Sowjetunion hatte es Vereinbarungen gegeben, die den Status der ehemaligen zweiten Weltmacht nicht komplett zu Staub machen sollten. Zwar gab es das Recht der einstigen Sowjetrepubliken, ihre Unabhängigkeit auszurufen, was auch zahlreich geschah. Die Sowjetunion war schließlich ein Vielvölkerstaat gewesen, der mit Ausnahme Finnlands alle Gebiete des ehemaligen Zarenreiches umfasste. Aber es war nicht vorgesehen gewesen, diese Staaten samthaft der NATO zuzuführen.

Die US-Machtstrategen sahen nun nach dem Ende des unter Jelzin verursachten Chaos, Russland wieder besser auf eigenen Füßen stehen und verstärkten die Bemühungen, diesen Staat möglichst einzukreisen und dadurch unter Kontrolle zu halten.

Die Ukraine war dafür ausersehen, den US-Brückenkopf zu bilden, speziell auch wegen der wichtigen strategischen Position der Halbinsel Krim:
dort US-Marinestützpunkte zu errichten, hätte die Beherrschung des Schwarzen Meeres bedeutet. Das war auch den Russen klar, darum konnte die weitaus überwiegend von Russen bewohnte Krim, die formal immer noch den alten Status einer "Autonomen Republik" aus Sowjetzeiten hatte, mit größter Zustimmung der Bevölkerung ihren Wechsel von der Zugehörigkeit zur Ukraine nach Russland beschließen.

Damit war der strategische US-Plan gescheitert und nach US- und EU-Sprachregelung war nun die Loslösung der Krim von der Ukraine als völkerrechtswidrig zu verurteilen, weil das in der ukrainischen Verfassung nicht vorgesehen gewesen war. Zwar war es seinerzeit zu Sowjetzeiten auch nicht vorgesehen gewesen, dass aus der "Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken" (UdSSR) einzelne Republiken austraten, aber da dies in den 1990er-Jahren mit dem mehrheitlichen Einverständnis der jeweiligen Bevölkerung erfolgte, natürlich nicht völkerrechtswidrig. Auf der Krim war es das, weil es den US-Interessen widersprach.

Und so läuft es immer noch ab. Für die mehrheitlich von Russischstämmigen bewohnte Ostukraine gibt es natürlich auch kein Völkerrecht, die dortigen Russen hätten sich gefälligst widerstandslos zu ukrainisieren. Was auch nicht so funktionierte, nun, da wird die Ostukraine eben militärisch überzeugt, irgendeine Verhandlungslösung wurde gar nicht versucht, weil ohne US-Einfluss auf die Ostukraine wäre die geopolitische US-Strategie nach dem US-Verlust der Krim ja schon wieder beeinträchtigt!

Also muss nun gegen den ehemaligen Feind im Osten eine neue Front aufgezogen werden. Mit Sanktionen. Zum Teil mit lächerlichen Sanktionen (z.B. EU-Einreiseverbote für ausgewählte Russen), zum Teil mit Sanktionen, bei denen langfristig der EU-Schaden größer ist als der russische. Aber man folgt in der EU kompromisslos den Forderungen der amerikanischen Machtstrategen, der österreichischen Regierung fällt es nicht einmal im Traume ein, daran zu denken, dass die in der österreichischen Verfassung verankerte "immerwährende Neutralität" immer noch zum österreichischen Grundrecht gehört und darum die Beteiligung an Sanktionen nur im Rahmen von UNO-Sanktionen möglich wäre. Aber darüber hatte es ja schon beim österreichischen EU-Beitritt Witze gegeben, aus dem damals existierenden "anonymen Sparbuch" und der "immerwährenden Neutralität" würde in der EU das "immerwährende Sparbuch" und die "anonyme Neutralität" werden. Und genauso geschah es.

Den Zeitungen vom 8.8.2014 ist es nun zu entnehmen, dass eine kleine Retourkutsche aus Moskau die EU-Sanktionen deutlich zu Selbstsanktionen machen: Russland verbietet die Einfuhr einer Reihe von Agrarprodukten aus der EU. Die Russen werden deswegen nicht verhungern, aber die europäische Landwirtschaft erleidet Milliardenschäden. Und was passiert im nächsten Winter? Sollten die Leute mit Gasheizung jetzt schon vorsichtshalber Elektroradiatoren kaufen, damit sie nicht plötzlich frierend in ihrem Wohniglu sitzen? Die EU straft Russland, weil die US-Pläne nicht ganz aufgegangen sind. Getroffen wird davon wohl speziell die europäische Bevölkerung werden. Aber das ist kein Thema, weil die öffentlichen und privaten Medien spuren ja und senden und drucken fast nur die gleichgeschaltete US-Meinung. So wie seinerzeit während des Vietnamkrieges. Da hatte auch das US-Verteidigungsministerium die Meinungshoheit in den hiesigen Medien...

Als Abschluss ein Youtube-Clip aus Satiresendung "Extra 3" des WDR (online seit 7.8.14):

Ein wenig Wahrheit als Satire dargestellt?!