Mit ihrer klaren Ablehnung eines Sterbehilfeverbots auf
Verfassungsebene und der nun gestellten Forderung, die Frage des Ausbaus der
Hospiz- und Palliativversorgung von der Sterbehilfedebatte zu entkoppeln,
überraschte die Diakonie Österreich und änderte womöglich den Verlauf der
aktuellen Sterbehilfedebatte.
"Es ist ein begrüßenswertes Novum in Österreich,
dass eine Religionsgemeinschaft - vorerst durch eine eigene soziale Einrichtung
vertreten - sich, entgegen der bisher geltenden kirchlichen Linie, gegen eine
ideologisch motivierte Bevormundung der Bürgerinnen und Bürger eintritt und eine
ergebnisoffene Sterbehilfedebatte einfordert" kommentierte heute (Dienstag)
Eytan Reif, Sprecher der "Initiative Religion ist Privatsache", die neueste
Entwicklung.
Für Reif ist die von der Diakonie bei der
Enquete-Kommission "Würde am Ende des Lebens" eingebrachte Stellungnahme umso
bemerkenswerter, als sie sich von dem katholischen Standpunkt diametral
abwendet: "Bis zuletzt hat die Katholische Kirche die geplante
Verfassungsmanipulation, ob direkt oder über ihren politischen Arm, die ÖVP,
vorangetrieben und die gesamte Debatte erfolgreich dominiert. Nun dürfte
erstmals klar geworden sein, dass es in Österreich keine einheitliche
religiös-antidemokratische Front gibt".
Laut Reif dürfte nun die Legalisierung des
assistierten Suizids in Österreich "chancenreich wie nie zuvor" sein und eine
"deutliche Versachlichung der Diskussion" bevorstehen. "Mit dieser Stellungnahme
hat die Evangelische Kirche als bisher einzige gesetzlich anerkannte
Religionsgemeinschaft bewiesen, dass sie einen ehrlichen und ernstzunehmenden
Diskussionspartner darstellt - trotz aller Meinungsverschiedenheiten".
Die "Initiative Religion ist Privatsache"
setzt sich über die von ihr koordinierten Plattform "Letzte Hilfe" für ein
selbstbestimmtes Sterben ein. Die detaillierte Stellungnahme der Initiative zum
Thema "Würde am Ende des Lebens" wurde der parl. Enquetekommission am 5.
September vorgelegt.