Zum Jahresbeginn versuchte wissenbloggt eine Bestandsaufnahme, siehe 7,2 Milliarden Menschen erreicht.
Da zeigte sich, dass die aktuelle Zahl der Menschen höchstens auf +-25
Millionen ermittelbar ist. Für die erreichbare Zahl gibt es nur
Schätzungen, die auf Extrapolationen und Simulationen beruhen.
So eine Schätzung hat die UN am 18.9. abgeliefert, World population stabilization unlikely this century.
Die Wissenschaftler glauben nicht, dass die Weltbevölkerung in diesem
Jahrhundert auf einer stabilen Zahl verharrt. Sie vermuten, dass eher
die obere Kurve von den Alternativen realistisch ist. Aus dem abstract
des Science-Artikels:
Die Daten bis 2012 ergeben zusammen mit der statistischen Methode der
"probabilistischen Bevölkerungsmodelle" eine größere Zunahme als bisher
erwartet. Mit 80% Wahrscheinlichkeit und höherer Genauigkeit der
Berechnungen als bisher wird die Weltbevölkerung bis 2100 die Zahl von
9,6 bis 12,3 Milliarden erreichen. Die größte Zunahme wird in Afrika
erwartet, namentlich in Nigeria, wo die Geburtenraten hoch sind und die
Empfängnisverhütung im Runterfahren. In allen Ländern steht die
"Vergreisung" bevor, wie sie Deutschland jetzt schon erlebt, auch in
denen, die derzeit noch junge Bevölkerungen haben.
Anmerkung wissenbloggt: Natürlich sind das demografische Daten, die
nur einen Teil der menschlichen Aktivitäten berücksichtigen. Bei den
Prognosen für Deutschland haben die Demografen schon oft danebengelegen
und Anlass gegeben zu der populistischen Parole "Deutschland stirbt
aus". Das zunehmende Sterbealter wurde nicht berücksichtigt, die
Zuwanderung wurde vernachlässigt, und selbst das Reproduktionsverhalten
wurde falsch eingeschätzt (40-jährige sind doch noch beim Kinderkriegen dabei).
Die Zahlen sind also mit Vorsicht zu genießen, weil ja auch
Naturkatastrophen, Kriege und Seuchen mitspielen (die Aids-Epedemie ist
aber mit eingerechnet), sowie willentlich angeheiztes Kinderkriegen, die
sogenannte "Bevölkerungswaffe", Beispiele Kosovo, Libanon, Bermuda,
siehe auch Die Übervölkerung.
Bildung und Emanzipation sind auch wichtige Einflussgrößen, während
die Religion nicht mehr die große Rolle spielt, selbst die Geburtenrate
vom Iran geht steil abwärts. Und ob atheistische Tendenzen eine Wirkung
entfalten, wie behauptet in Religiöse Spezialität: Kinderkriegen?
Man weiß es immer erst genau, wenn's soweit ist. Da können die
Bevölkerungsmodelle so probabilistisch (zufallsberücksichtigend) sein
wie sie mögen. Letztlich verlegen sie ja nur das Raten auf eine andere
Ebene, wie alle solchen Computermodelle.
Die Süddeutsche Zeitung nimmt das Thema auf in Bevölkerungswachstum – Zwölf Milliarden Menschen? Keine Panik! (19.9.): Eine Studie der UN warnt davor, dass die Weltbevölkerung noch bis ins
22. Jahrhundert anwachsen könnte, mit verheerenden Folgen. Es gibt allerdings gute Gründe, die Zukunft optimistischer zu sehen.
Aus dem Inhalt:
Die Demografen vertreten mehrheitlich die Ansicht, die
Weltbevölkerung entwickele sich noch auf den Höchststand zu (wenn auch
nicht mehr ganz so schnell), und auf lange Sicht werde die Zahl der
Erdbewohner wieder sinken. Wann aber das Bevölkerungsmaximum erreicht
wird, ist ungewiss. Die Forschergruppe der Vereinten Nationen in New
York möchte das Maximum mit neuen Berechnungen auf 2100 verschieben,
erst danach käme es zu einer Stabilisierung.
Europas Bevölkrung schrumpfe bereits jetzt, die 5 Milliarden in Asien
tun es voraussichtlich ab 2050, aber die jetzige Bevölkerungsmilliarde
in Afrika werde voraussichtlich zu 4 oder sogar 5-6 Milliarden., und das
sei der Hauptgrund für die weitere Zunahme.
Die SZ berichtet über Skepsis, die den neuen Vorhersagen
entgegengebracht wird. Andere Forscher kriegen andere Zahlen raus, z.B.
einen Höchststand von 9,4 Milliarden im Jahr 2070, und nur noch 9
Milliarden 2100. Diese konkurrierende Studie "World Population and
Global Human Capital in the 21st Century" habe statt auf Computerpower
zu setzen mehr als 550 Fachleute befragt und ihre Landeskenntnisse berücksichtigt.
Das ändert natürlich nichts an der spekulativen Natur der Voraussage
(wb). Egal wie viele Bestimmungsgrößen man berücksichtigt, es bleiben
immer welche unbeachtet. Die UN-Forscher ließen laut SZ den Einfluss
wachsender Bildung auf Geburtenrate und Sterblichkeit außer acht, und
dabei hätten Untersuchungen gezeigt, wie stark Schulbildung die
Kinderzahl beeinflusst.
So kommt es zu verschiedenen Prognosen für Nigeria zwischen 1/2 und 1
Milliarde (jetzt 160 Millionen), wobei die Datenlage allerdings genauso
"verheerend" sei wie die Reproduktionslage. Der SZ-Artikel kommt
abschließend auf das Thema der Sekundärwirkungen, unberücksichtigt
blieben sämtliche Folgen der Überbevölkerung, z. B. Abwanderungen in
andere Länder, Kriege um knappe Ressourcen oder gezielte staatliche
Eingriffe wie die von China praktizierte Ein-Kind-Politik.
Der Ausblick besagt dann, die Studie habe politische Implikationen,
denn in den afrikanischen Staaten mit besonders hoher Geburtenrate müsse
mehr als bisher in Bildung und Aufklärungskampagnen investiert werden.
In Folge der Überbevölkerung drohten sonst wachsende Probleme durch
Ressourcenmangel, Umweltverschmutzung, Arbeitslosigkeit, Krankheiten
und Kriminalität.
Naja, dazu kommt es wohl so oder so, inclusive überbordender
Migration, wenn diese Prognose von wb erlaubt ist. Wir vervollständigen
die Zeitreihe aus dem 7,2 Milliarden Menschen erreicht-Artikel per probabilistischer Daumenpeilung:
vor 10.000 Jahren ca. 5 Millionen Menschen
Jahr 0 ca. 300 Millionen Menschen
1500 ca. 500 Millionen Menschen
1804 1 Milliarde Menschen
1928 2 Milliarden Menschen
3 Milliarden Menschen
1975 4 Milliarden Menschen
1987 5 Milliarden Menschen
1999 6 Milliarden Menschen
2011 7 Milliarden Menschen
2014 7,2 Milliarden Menschen
2050 9 Milliarden Menschen
2100 11 Milliarden Menschen
Danach brauchen wir dann keine Sintflut mehr, weil schon die Menschenflut da ist.