Wie auch hier berichtet, hatten in Österreich tätige türkische Organisationen in einem gemeinsamen ganzseitigen Inserat in der Tageszeitung "Die Presse" heftige Kritik an der von den Parlamentsparteien abgegebenen gemeinsamen Erklärung zum Völkermord an den Armeniern geübt und damit gemeinsam die Linie des türkischen Präsidenten Erdogan eingenommen.
Die Plattform der türkischen Verbände in Österreich hat am
22. April 2015 in einem ganzseitigen Inserat in einigen österreichischen
Tageszeitungen massiv gegen die gemeinsame Erklärung aller sechs Nationalratsfraktionen
protestiert, die den Massenmord an Armeniern im Osmanischen Reich vor hundert
Jahren als Genozid verurteilt. Dies sei "eine Enttäuschung" und
"anstatt mit Deklarationen uns zu kränken, sollte das österreichische
Parlament, die Geschichte den Historikern überlassen", heißt
es unter anderem in diesem offenen Brief.
Überdies sei diese Erklärung
"ohne fundierte historisch-rechtliche Befunde erfolgt". Man sei "gegen
eine Verzerrung der Geschichte" und gegen "die Instrumentalisierung
der Geschichte durch die Politik". "Das Vorhaben des Parlaments würde
nur die Beziehung zwischen unserer neuen Heimat und auch die Beziehungen zwischen
der Türkei und Armenien unnötiger Weise anspannen", meinten diese
türkischen Verbände.
Neben dem österreichischen Parlament
haben mehr als 20 weitere nationale Parlamente den Völkermord an den Armenien
bisher anerkannt. Auch für einen Großteil der Historiker ist der
Fall klar. Da sich aber diese türkischen Verbände nun gegen die
gemeinsame Erklärung des österreichischen Parlaments stellen, muss
hinterfragt werden, ob diese Verbände in der Vergangenheit auch Fördergelder
erhalten haben.
Vor diesem Hintergrund stellen die unterzeichneten Abgeordneten an (Bezeichnung
des Regierungsamtes) folgende ANFRAGE
1. Was sagen Sie grundsätzlich
zum Inhalt des offenen Briefes von der Plattform der türkischen Verbände?
2.
An welche der folgenden türkischen Verbände: ATIB Türkisch Islamische
Union, ATÖD Verein der LehrerInnen aus der Türkei, AZARI-DER, Ägäisches
Kultur Zentrum, CHP Sozialdemokratischer Bund in Österreich, Föderation
der in Österreich Lebenden Menschen aus Yozgat, GAZI-DER, Gesellschaft
für ökologisch-ökonomische Unternehmensberatung, IFW Islamische
Föderation in Wien, KONDER Österreich Zuwanderer aus Konya, Kulturverein
Burdur, Kulturverein OR-DER, Mevlana Brüderschaft in Österreich, MUSIAD
Austria, ÖTG Österreichisch-Türkische Gesellschaft, Österreich-Akdagmadeni
Hilfs- und Solidaritätsverein, Österreichisch-Türkischer Handelsverband,
Resadiye Sport und Kulturverein, SAM-DER Österreich Kultur-, Bildungs-&
Integrationsverein, Sankt Georgs Absolventenverein, TF Verein Dachorganisation
Türkische Kultur und Sport Gemeinschaften in Österreich, TÜMSIAD
Austria Vereinigung der Industriellen und Unternehmer in Österreich, UETD
Union Europäisch Türkische Demokraten, Union der Sivas Stämmigen
in Europa, Verband zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen, Verein Österreich-Erciyes
für Freundschaft und Solidarität, Verein zur Förderung des Gedankenguts
Atatürks in Österreich, WEFA Austria International Relief Organisation,
WONDER Verein zur Unterstützung internationaler Studenten und Studentenaktivitäten,
die diese Plattform bilden, wurden seitens ihres Ministeriums seit 2008 Gelder
ausgeschüttet bzw. Subventionen oder Förderungen vergeben?
3. Welche
konkreten Projekte wurden seit 2008 jeweils gefördert und mit welchen Beträgen?
4.
Nach welchen Kriterien erfolgte seit 2008 die Vergabe der jeweils erteilten
finanziellen Mittel?
Soweit die Anfrage. Die aufgelisteten Vereine
und Verbände umfassen das ganze türkische Spektrum.
Es stellt
sich darum - politisch korrekt - wohl die Frage: Hat sich das Parlament zuwenig
in die türkische Parallelgesellschaft integriert? Respektiert die österreichische
Politik die Bemühungen Erdogans um die Wiedererrichtung des Osmanischen
Reiches nicht ausreichend? Oder wäre es vielleicht angebracht, ein Gesetz
zu beschließen, in welchem - wie im §3h des NS-Verbotsgesetzes die
Leugnung des NS-Holocausts - auch die Leugnung des Völkermordes an den
Armeniern unter Strafe gestellt und den Leugnern neben Haftstrafen extra auch
eine Fahrkarte ins osmanische Erdogan-Reich verheißen wird? Es hatte in
den 1970er- und 1980er-Jahren in Österreich beispielsweise bei Kundgebungen
gegen Aufmärsche von deutschnationalen Burschenschaftlern auch den österreichischen
Sprechchor "Burschenschaftler: heim ins Reich!" gegeben. Was Ähnliches
könnte man auch den Völkermord an den Armeniern leugnenden Erdoganisten
zurufen!
Aber das war und kann nur ein Scherz sein. Weil die anderen
fünf Parteien überlassen dieses Feld wieder einmal der FPÖ zur
alleinigen populistischen Ausnutzung, den fanatischen Nationalismus unter türkischstämmigen
Einwanderern laut und deutlich zu kritisieren, das geht nicht, das wäre
politisch völlig unkorrekt, möglicherweise ist ja die Leugnung von
Völkermorden eh bloß eine multikulturelle Bereicherung...