Fällt die Renovierung von Kirchen bzw. die Finanzierung solcher
Vorhaben in den Wirkungsbereich von Gemeinden? Diese Frage haben
sämtliche Gemeindevertreter in Obertrum am See (Bez. Salzburg-Umgebung)
mit einem klaren „Ja“ beantwortet.
Wenn es um die Finanzierung der
Katholischen Kirche geht, sind in Obertrum nämlich weder eine Verletzung
der gebotenen weltanschaulichen Neutralität noch die Anhäufung von
Schulden tabu. 60.000 Euro werden im Jahr 2015 sämtliche Bewohner der
4500-Seelen Gemeinde, die sich fest in ÖVP-Hand befindet (16 der
insgesamt 21 Mandate), für die Renovierung der Pfarrkirche aufbringen
müssen. Doch dabei soll es nicht bleiben: im Rahmen einer
Gemeindevertretersitzung wurde – einstimmig – die Grundsatzentscheidung
getroffen, bis 2020 jährlich weitere 60.000 Euro der Kirche zu
überweisen. Zum Ausgleich des außerordentlichen Haushaltes für 2015, in
dem auch die Kirchenrenovierung enthalten ist, wurden 683.900 Euro als
Darlehen budgetiert. Wie die defizitäre Gemeinde, die zusätzlich auch
Zuschüsse vom Gemeindeausgleichsfonds (GAF) bezieht, die beschlossene
Mehrbelastung von bis zu 300.000 Euro bis 2020 zu finanzieren gedenkt,
bleibt vorerst offen.
(Bild "Pfarrkirche Obertrum" Ueb-at - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)
Ungeklärt bleibt zudem auch die Frage, auf welcher gesetzlichen
Grundlage der Beschluss der Gemeindevertretung beruht. Auf Unverständnis
stößt diese offenkundige Kirchenfinanzierung auch bei Einwohnern, die
sich an die Meldestelle der "Initiative Religion ist Privatsache"
gewandt haben. "Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit
Bürgervertreter die Allgemeinheit - und somit auch Andersgläubige oder
Konfessionsfreie - verpflichten, die Katholische Kirche
mitzufinanzieren. Der Erhalt von Kirchen gehört keineswegs zu den
eigenen Angelegenheiten einer Gemeinde. Dass gemäß der Österreichischen
Bundesverfassung die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der
Gesetze ausgeübt werden darf, hat sich in Obertrum offensichtlich noch
nicht herumgesprochen. Ebensowenig, dass Vorrechte des Bekenntnisses
laut Verfassung ausgeschlossen sind. Solch eine Vorgehensweise würde im
Privatsektor höchstwahrscheinlich den Tatbestand der Untreue erfüllen",
meint Initiative-Sprecher Eytan Reif dazu.
Vor dem Hintergrund der offensichtlichen weltanschaulichen
Bevormundung nichtkatholischer BürgerInnen und der mangelnden
gesetzlichen Grundlage für die Kirchenfinanzierung seitens der Gemeinde,
werden nun die Staatsanwaltschaft sowie der Österreichische
Rechnungshof über die Vorkommnisse informiert.