Konstanz. Die "Humanistische Alternative Bodensee" (HABO) appelliert
anlässlich der Gedenkveranstaltung zum Todestag des Reformators Jan Hus
im Rahmen der Feierlichkeiten zu "600 Jahren Konstanzer Konzil" an die
katholische Kirche, diese einmalige Chance zu nutzen, um die von ihr
begangenen Fehler einzugestehen und sich für die Gewalt zu
entschuldigen, das sich vermeintlichen "Ketzern" zugefügt hat. Der
Sprecher der HABO, Dennis Riehle, zeigt sich insgesamt zwar verwundert
darüber, dass für das Gedenken ausgerechnet die Form eines
Gottesdienstes gewählt wurde. Dennoch setzt er auf die Gelegenheit,
wonach sich die Kirche endlich öffentlich zu ihrer Schuld bekennen kann:
"Es mag irritieren, dass ausgerechnet ein religiöser Rahmen gewählt
wurde, um den vom Klerus auf dem Scheiterhaufen verbrannten
tschechischen ‚Aufständischen‘ zu würdigen. Gleichzeitig erhöht das aber
auch den Druck auf die Kirche, Reue zu zeigen".
Zum Gedenkgottesdienst am 28. Juni 2015 im Konstanzer Inselhotel wird
auch Bundespräsident Joachim Gauck erwartet. "Man kann wahrlich gespannt
sein, wie sich der protestantische und ehemalige Pfarrer aus der DDR
äußern wird. Ihm sind sowohl Unrecht, aber auch der Begriff der
Verantwortung aus Theologie und Politik bekannt. Und gleichzeitig ist er
als politisches Oberhaupt unseres Landes verpflichtet, die
Religionsfreiheit zu verteidigen. Die Freiheit, sich einem anderen
Glauben zuzuwenden – oder sich aber von ihm zu lösen, erhält an diesem
Tag des Erinnerns eine ganz besondere Bedeutung. Die Verfolgung, die Hus
erlebte, ist in unseren Breiten heute glücklicherweise zwar kein Thema
mehr. Doch sind wir mittlerweile dort, wo ein säkularer Staat sein
sollte?", fragt Riehle.
Insofern erwartet die HABO von allen Beteiligten, von den kirchlichen,
aber gleichsam auch den politischen Vertretern, zum Anlass des Gedenkens
ein klares Zeichen: "In Tagen, in denen die baden-württembergische
Landesregierung Vereinbarungen allein mit den 'anerkannten' Religionsgemeinschaften schließt, wäre es ein notwendiges Signal,
Andersgläubigen und Nicht-Gläubigen Gleichberechtigung zuzusichern. Ein
Anstoß des Bundespräsidenten zum gesellschaftlichen Dialog über die
Frage, ob ein Atheist den Gottesbezug in einem Grundgesetz akzeptieren
muss, während der Christ sich im Zweifel auf seine 'religiösen Gefühle'
berufen darf, wäre ein Anfang. Zwar verbrennen wir die 'Abtrünnigen'
heute nicht mehr; über die Diskriminierung Religionsloser müssen wir
leider trotzdem auch 2015 noch diskutieren".
Anmerkung: Jan Hus starb am 6. Juli 1415 auf dem Scheiterhaufen in
Konstanz. Das Konstanzer Konzil hatte ihn zum Feuertod verurteilt,
nachdem er sich weigerte, seine Lehre von der Kirche, in der nur
Christus das Oberhaupt sein könne, zu widerrufen. Auch die Gebeine des
30 Jahre zuvor verstorbenen, gleichsam als "Häretiker" bezeichneten John
Wyclif wurden verbrannt. Das Konzil tagte von 1414 – 1418 in der
Bodenseestadt.
Die
Verbrennung von Jan Hus - Abbildung in der Spiezer Chronik von 1485
Dennis Riehle, Sprecher
Humanistische Alternative Bodensee
Säkular-humanistischer Zusammenschluss