Unter anderem heißt es dort: "Eine wichtige alternative
Ressource für solche Diskussionen im Islam wird in der Öffentlichkeit
westlicher Staaten meist übersehen: die komplexe und vielschichtige Tradition,
die unter anderem aus Rechtsmeinungen und Korankommentaren besteht und sich
über Jahrhunderte angesammelt hat. Damit zu arbeiten erfordert nicht nur
Geduld und intensives Training, sondern geradezu die Wiedererweckung von traditioneller
Gelehrsamkeit und eine Erneuerung des Ansehens und Einflusses der Religionsgelehrten
jenseits der erstickenden Kontrolle autoritärer Staaten. Manche Gelehrte
wie der in Qatar beheimatete Yusuf al Qaradawi und Tahir ul Qadri aus
Pakistan haben selbst die Initiative ergriffen und sich ihre eigenen transnationalen
Foren geschaffen. Rundum 'verknöchert' oder 'erstarrt' ist das islamische
Erbe keinesfalls, allerdings ist Außenstehenden oftmals die Tragweite
der internen Debatten, die in solchen Kontexten geführt werden, nicht bewusst.
Von Gelehrten dieser Prägung ist keine blitzschnelle 'radikale Reform'
oder die Schaffung eines wie auch immer gearteten 'Euro-Islams' zu erwarten,
wohl allerdings Flexibilität, ein Fokus auf das Gemeinwohl und das Ermöglichen
eines guten Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen, auf das alle islamischen
Rechtsschulen seit jeher Wert gelegt haben. Natürlich haben Muslime in Deutschland selbst das Recht, zu definieren,
auf welchen Quellen sie die Auslegung ihrer Religion aufbauen wollen und
inwieweit sie dafür überkommene Texte und Ideen nur als hinderlich
empfinden. Allerdings tun wir auch gut daran, unsere Augen nicht vor den
konservativeren, leiseren und damit unter Umständen sogar kreativeren
Reformbemühungen traditioneller Gelehrter zu verschließen. Dabei muss
sich nicht zwangsläufig eine liberale Form des Islams herausbilden, aber
auch für sperrigere, nicht gewalttätige Lesarten des Islams muss in
Deutschland Platz sein. Laut danach zu rufen, dass der Islam nun endlich
erwachsen werden und sich einer Reformation unterziehen müsse,
erscheint vor diesem Hintergrund kontraproduktiv."
Zur Illustration der Fachkenntnisse des Wissenschaftlers hier ein YouTube-Clip
mit englischen Untertiteln vom o.a. angeführten "Reformer" Yusuf
al Qaradawi:
Hier der englische Text dazu auf YouTube:
Yusuf al-Qaradawi is an Egyptian-born fundamentalist cleric and a prominent
leader of the Muslim Brotherhood. The Ikhwan was suppressed by the Egyptian
establishment for decades, so Sheikh Qaradawi lived in exile in Qatar for almost
fifty years, until February 2011, when the Arab Spring enabled him to return
to Egypt in triumph.
In the interview above, Mr. al-Qaradawi not only acknowledges that Islam
prescribes the death penalty for apostasy, but that if it weren't for this little
nicety of Islamic law, Islam could not have survived as an ideology. Unfortunately,
since the interview was conducted in Arabic, you won't be seeing this issue
raised in the American MSM anytime soon.
By the way, while Muslims who present their religion as peaceful abound throughout
dar al-harb ("house of war" - non-islamic lands), they are nearly
non-existent in dar al-Islam (islamic lands). A Muslim apostate once suggested
a litmus test for Westerners who believe that Islam is a religion of "peace"
and "tolerance": try making that point on a street corner in Ramallah,
or Riyadh, or Islamabad, or anywhere in the Muslim world. He assured me you
wouldn't live five minutes."
Yusuf Abdallah al-Qaradawi (..) ist ein islamischer Rechtsgelehrter, Multifunktionär, Fernsehprediger und Autor. Qaradawi lebt seit 1961 in Katar und hat die katarische Staatsbürgerschaft erhalten. Qaradawis Predigten, die in der Regel über den religiösen Bereich hinausgehen und einen politischen und gesellschaftlichen Anspruch haben, erreichten durch seine regelmäßige Sendung aš-Šarīʿah wa-l-Ḥayāh ("Die Scharia und das Leben") im katarischen Fernsehsender Al Jazeera ein großes Publikum in der arabisch-islamischen Welt. Zahlreiche Kritiker, darunter anerkannte muslimische Intellektuelle, werfen al-Qaradawi vor, seine mediale Präsenz zu missbrauchen und durch seine Predigten den Islamismus und islamischen Terrorismus zu befördern.