Papst Franz und die Wiederverheirateten

Die beiden größten Anachronismen im katholischen Alltag sind der Zölibat und das Scheidungsverbot. Da es beides in anderen christlichen Kirchen nicht gibt, ist es wohl auch nicht sehr einfach, die Vorschriften biblisch zu begründen. Der Zölibat entstand erst um das Jahr 1000, weil die Kirchenleitung befürchtete, es könnten sich bei verheirateten Klerikern wie in der weltlichen Gesellschaft auch kirchliche Feudalstrukturen bilden, also Pfarren oder Diözesen vererbbare und nicht von oben vergebene Institutionen werden. Dabei hatte sogar der berühmte Apostel Paulus ausdrücklich verlangt, dass Bischöfe verheiratet sein müssten (1.Tim 3,1-2).

Die Ehe ist in der katholischen Kirche ein kirchliches Sakrament. Allerdings wurde das erst auf dem Zweiten Laterankonzil (1139) fixiert und schließlich in der Reformationszeit durch das Konzil von Trient (1547) dogmatisiert, weil die Protestanten die Ehe nicht als unauflöslich sahen.

Die berühmte katholische Sexualmoral legt fest, dass Geschlechtsverkehr nur in einer gültigen katholischen Ehe vollzogen werden darf, daher leben geschiedene und wiederverheiratete Katholiken kirchenrechtlich in schwerer Sünde, nämlich in der Sünde des Ehebruches. Und wer so sündhaft lebt, ist von den Sakramenten ausgeschlossen, das einzige Recht, das bleibt, ist die Pflicht, Kirchensteuer zu zahlen, solche Personen werden defakto wie Exkommunizierte, also aus der Kirchengemeinschaft Ausgeschlossene, behandelt.

Da heutzutage Scheidungen zum gesellschaftlichen Alltag gehören, gibt es eben auch einen hohen Prozentsatz geschiedener Katholiken, die in neuen Ehen oder zumindest in neuen Lebensgemeinschaften leben, somit ständig schwer sündigen.

Bei der Bischofsynode 2014 stand das Thema "Wiederverheiratete Geschiedene" natürlich auf der Tagesordnung, im Synodenbericht hieß es dann jedoch bloß, "Deshalb haben wir in der ersten Etappe unseres synodalen Weges über die seelsorgerliche Begleitung und den Zugang zu den Sakramenten der wiederverheirateten Geschiedenen gesprochen." Was gesprochen wurde, steht nicht im Bericht.

Da die Synode zu diesen Themen heuer im Herbst fortgesetzt wird, versucht sich der vatikanische Franz als Stimmungsmacher - was er konkret will, sagt er aber auch nicht!

Die Diözese Wien schrieb am 5.8.2015: "Wiederverheiratete Geschiedene sind nach den Worten von Papst Franziskus 'durchaus nicht exkommuniziert und werden absolut nicht so behandelt'. In seiner Generalaudienz am Mittwoch, 5. August 2015, im Vatikan pochte der Papst auf einen offenen und verständnisvollen Umgang mit ihnen in den Gemeinden. In der Vergangenheit hätten schon seine Vorgänger das Bewusstsein dafür geschärft, dass wiederverheiratete Geschiedene immer Teil der Kirche bleiben. Diese Haltung müsse in den Gemeinden nun vertieft werden. Franziskus bezeichnete es als besonders wichtig, dass sie an der Messfeier teilnehmen.
Den ihnen nach kirchlichem Recht verbotenen Sakramentenempfang wie Eucharistie und Beichte sprach er aber nicht an. Über eine mögliche Zulassung wird derzeit in der katholischen Kirche intensiv diskutiert. Die Kirche wisse gut, dass die Zweitehe der Lehre von den Sakramenten widerspreche, hob der Papst hervor. Sie müsse die Menschen aber mit mütterlichem Herzen betrachten, 'das immer um das Wohl und die Rettung des Einzelnen bemüht ist'. (..)"

Eine Umfrage in Vorbereitung der Bischofsynode 2014 unter Mitgliedern der "Katholischen Aktion" ergab, dass nur sieben Prozent der Enzyklika "Humanae Vitae", also dem Verbot der Benützung von Verhütungsmittel, zustimmend gegenüberstehen und nur achtzehn Prozent für die Unauflöslichkeit der Ehe eintreten. Da aber Dreiviertel dieser 18 % ebenfalls für einem anderen Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen sind, bleiben nicht einmal fünf Prozent, welche den gültigen kirchlichen Bestimmungen zustimmen. Die Mitglieder der "Katholischen Aktion" gehören sicherlich zum katholischen Kernbestand!

Die Kirchenhierarchie und das aktive Kirchenvolk leben also in verschiedenen Welten. Und die zusammenzubringen, ohne die Kirchentradition zu verlassen, wird schwer möglich sein. In den kirchenrechtlichen Vorschriften ist die Sache klar geregelt im Katechismus §1650: "Falls Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetze Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen (..) Die Aussöhnung durch das Bußsakrament kann nur solchen gewährt werden, die es bereuen, das Zeichen des Bundes und der Treue zu Christus verletzt zu haben, und sich verpflichten, in vollständiger Enthaltsamkeit zu leben."

Das Einfachste wäre ein Sündendowngrading: also ohne gültigen katholischen Trauschein ausgeübten Sex nicht mehr als "schwere Sünde", sondern als "lässliche Sünde" einzustufen: alles wäre damit geregelt, weil vor dem Kommunionempfang braucht man seit dem 2. Vatikanum nur noch schwere Sünden beichten, wiederverheiratete Geschiedene begingen keine schwersündigen kirchenrechtlichen Ehebrüche mehr, sondern bloß verzeihliche Übertretungen.

Der deutsche Bischof Ackermann hatte dazu im Februar 2014 die von mehreren Medien verbreitete Meinung vertreten: "Wir müssen das Verantwortungsbewusstsein der Menschen stärken, ihre Gewissensentscheidung dann aber auch respektieren". So sei es nicht mehr zeitgemäß, eine neue Ehe nach einer Scheidung als dauernde Todsünde anzusehen und Wiederverheirateten keine Möglichkeit zu eröffnen, jemals wieder zu den Sakramenten zugelassen zu werden. "Wir werden da Vorschläge machen", so der Bischof. Auch sei es nicht haltbar, jede Art von vorehelichem Sex als schwere Sünde zu bewerten. "Wir können die katholische Lehre nicht völlig verändern, aber Kriterien erarbeiten, anhand derer wir sagen: In diesem und diesem konkreten Fall ist es verantwortbar. Es geht nicht an, dass es nur das Ideal auf der einen und die Verurteilung auf der anderen Seite gibt."

Die obigen Sprüche vom Franzi-Papst bleiben hinter den Aussagen Ackermanns zurück. Vermutlich weil Papst Franz weiß oder zumindest heftig befürchtet, dass er auch heuer bei der Bischofsynode mit einer diesbezüglichen Reform nicht durchkommen wird. Schließlich hat Kurienerzbischof Georg Gänswein, der Privatsekretär seines Vorgängers, im Juli 2015 alles klar dargelegt (religion.ORF am 22.7.): "Auf die Debatte in Deutschland im Vorfeld der Familiensynode im Herbst angesprochen, sagte Gänswein, Papst Johannes Paul II. habe die Frage schon vor 20 Jahren entschieden. 'Jetzt können wir nicht sein Lehramt ignorieren und die Sachen ändern' (..). Johannes Paul II. habe 'nach einer langen und engagierten Verhandlung nicht akzeptiert, dass wiederverheiratete Christen zur Eucharistie hinzutreten'. (..)"

Wenn die Synode 2015 wieder genauso hängen bleibt wie die im Vorjahr, kann der Franz sein Scheitern bekannt geben. Katholisch bleibt katholisch und wer katholisch bleibt, ist alleine selber schuld.