Es regnete Fallschirmjäger in der Nähe des spanischen Saragossa,
beim NATO-Großmanöver "Trident Juncture". Natürlich
galt der simulierte Angriff der 82. US-Luftlandedivison aus Fort Bragg in North
Carolina nicht den Spaniern. Es ging erneut darum, die NATO-Russland-Grundakte
zu Konfetti zu schießen. Und der ehemalige Rudolf-Steiner-Schüler
und heutige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte dann auch alles
klar: "Wir müssen eine moderne Abschreckung für das 21. Jahrhundert
sicherstellen". Abschreckung: Eine Vokabel aus dem Kalten Krieg, die
den verfeindeten Blöcken in Ost und West als Vorwand für mehr Rüstung
und mehr Unsicherheit diente. Das klang in der 1997 abgeschlossenen Grundakte
ganz anders: "Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner.
Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, die Spuren der früheren Konfrontation
und Konkurrenz zu beseitigen und das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit
zu stärken."
In den 1990er Jahren war der Westen noch mit
Russland zufrieden: Boris "Stockb'soffski" Jelzin verschleuderte das
Staatsvermögen, war der enge Strickjacken-Freund von Helmut Kohl und erhielt
viel westlichen Beifall, als er 1993 das Parlament in Moskau zusammenschiessen
ließ, weil das nicht so wollte wie er. Dieses Russland war scheinbar als
Konkurrent für die USA-NATO-Wertegemeinschaft ausgeschieden, mit dem konnte
man einen Vertrag voller Friedenslyrik abschließen: "Ausgehend von
dem Grundsatz, dass die Sicherheit aller Staaten in der euro-atlantischen Gemeinschaft
unteilbar ist, werden die NATO und Russland zusammenarbeiten ..." Und so
rückte denn die NATO immer näher an die russische Grenze heran, wahrscheinlich
um die "Sicherheit aller Staaten" zu gewährleisten. - Wie
zum Beispiel in Libyen, wo die NATO ganz sicher einen Staat zerbombte.
"Die
Nato stockt ihre Truppen in Osteuropa massiv auf." Das verkündete
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schon im Juni 2015 bei einem Treffen
der NATO-Verteidigungsminister. Die "Speerspitze" in Osteuropa soll
nun aus 40.000 Soldaten bestehen, statt der bisher geplanten 25.000 Mann. Die
sollen so schnell rotieren - rein nach Ost-Europa, raus Ost-Europa und
wieder zurück - dass sie einer permanenten Stationierung verdammt
ähnlich sehen. Die Unterscheidung zwischen permanenter und rotierender
Präsenz, teilte Stoltenberg am Rande des NATO-Manövers mit, sei doch
"irgendwie künstlich".
Nun hatte die NATO-Russland-Akte
in einer gewundenen, diplomatischen Vertragssprache genau diese ständige
Anwesenheit von NATO-Truppen in zum Beispiel Polen untersagt: "Dass das
NATO-Bündnis ... seine kollektive Verteidigung und andere Aufgaben
eher dadurch wahrnimmt, dass es die erforderliche Interoperabilität, Integration
und Fähigkeit zur Verstärkung gewährleistet, als dass es zusätzlich
substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert." Aber die Zeiten, als
der russische Präsident Jelzin noch andächtig dem Saxophon-Spiel des
amerikanischen Präsidenten Clinton lauschte, sind nach ein paar US-Aggressions-Kriegen
einfach vorbei.
Inzwischen hat die NATO ständig schweres Gerät
- 250 Panzer, Infanteriefahrzeuge und Artilleriegeschütze für
etwa 5000 Soldaten - nach Ost-Europa verlegt und während der "Operation"
in Spanien wurde im westlichen Bündnis unverhohlen darüber diskutiert,
dass man in Polen und den ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken Litauen, Lettland
und Estland jeweils Truppen in Bataillonsstärke stationieren sollte. Schon
im September hatte die NATO dort nagelneue Logistikzentralen eingeweiht. Und
so ergab die neue NATO-Logik auch, dass die Ukraine, die kein NATO-Mitglied
ist, am Großmanöver "Trident Juncture" in Spanien teilnahm.
Es gehe, sagt der NATO-Generalsekretär, um ein "Signal an jeden potenziellen
Gegner, dass wir in der Lage sind, alle Alliierten zu verteidigen."
Dass
die Narren in Kiew jetzt faktisch zu Alliierten der NATO erklärt werden,
macht die Russland-Grundakte zu jenem Konfetti, das sicher bei der "Siegesparade
in Sewastopol" geworfen werden soll, die der ukrainische Präsident
Petro Poroschenko im letzten Jahr schon angekündigt hatte.