Als pro-religiös, diskriminierend und vor allem unsachlich beurteilt
die "Initiative Religion ist Privatsache" breite Teile des von Integrationsminister
Sebastian Kurz präsentierten "50-Punkte Plan" zur Integration
von Asylberechtigten.
Kurz' späte Erkenntnis, dass von Religion
auch Gefahren ausgehen, ist zwar zu begrüßen, verfassungsrechtlich
bedenkliche Strafmaßnahmen, die hauptsächlich dem Stimmenfang im
rechten Lager dienen sollen, werden aber strikt abgelehnt. Insbesondere die
Forderung von Kurz, ausgerechnet Jugendliche, die KEINEN Religionsunterricht
besuchen, mit einem verpflichtenden Besuch eines Ethikunterrichts zu bestrafen,
stößt bei der Initiative auf Unverständnis.
"Wenn
Kurz vor dem Hintergrund der verheerenden Anschläge in Paris die Einführung
eines Strafethikunterrichtes für Religionsverweigerer als Mittel gegen
Radikalisierung präsentiert, so segelt er natürlich unter falscher
Fahne. Er missbraucht nämlich die weitverbreitete Verunsicherung um der
besorgten Öffentlichkeit alte ÖVP-Hüte unterzujubeln. Religion
ist mittlerweile aber nicht die Lösung sondern ein Teil des Problems. Nur
ein flächendeckender Ethikunterricht für alle Schüler, ungeachtet
ihrer Herkunft oder Weltanschauung, wäre dazu geeignet, einen Beitrag zur
Integration zu liefern", meint Initiative-Sprecher Eytan Reif.
Sehr
verwundert zeigt sich Reif auch hinsichtlich der Mitarbeit von Heinz Faßmann
am präsentierten Papier: "Von Integrationsminister Kurz, der nebenbei
auch Schutzpatron des saudischen König-Abdullah-Zentrums ist, ist man schon
einiges an leeren Worthülsen und Scheinprojekten gewöhnt. Dass ein
angesehener Universitäts-Vizerektor aber allen Ernstes meint, dass Kinder
und Jugendliche muslimischer Herkunft ausgerechnet über den islamischen
Religionsunterricht Werte wie Menschenrechte, Toleranz und Demokratie vermittelt
bekommen sollten, ist erschreckend. Kann es sein, dass sowohl Kurz als auch
Faßmann entgangen ist, dass in Brüssel, wo der radikale Islamismus
wie vermutlich in keiner anderen europäischen Stadt zuhause ist, die überwiegende
Mehrheit der Schüler längst ihre 'ethische Erziehung' über den
islamischen Religionsunterricht bezieht?".
Wenig beeindruckt
vom heute präsentierten Programm zeigt sich auf Anfrage auch Harald Walser,
Bildungssprecher der Grünen: "Der Ruf nach Werteschulungen ist
eine populistische Beruhigungspille, die Scheinaktivität vortäuscht.
Kurz suggeriert, es gäbe spezielle österreichische Werte, an die sich
Zugewanderte halten müssten. Dabei geht's um allgemeine zivilisatorische
Werte und Errungenschaften wie Menschenrechte, Gleichstellung Mann und Frau,
Demokratie, etc. Kurz täte gut daran, auf deren Umsetzung im eigenen Land
und in den eigenen Reihen zu schauen, anstatt Flüchtlinge mit Pseudoschulungen
zu schikanieren. Als Mittel zur Förderung der Integration fordern wir schon
seit Jahren die flächendeckende Einführung eines überkonfessionellen
Ethik- und Religionenunterrichts für alle SchülerInnen. Dieses Vorhaben
wurde bisher aber stets seitens der ÖVP blockiert. Eine seriöse Integrationspolitik
sieht definitiv anders aus."