Wohnraumsuche mit der moralischen Keule

In einem OFFENEN BRIEF an den Oberkirchenrat der evangelischen Landeskirche in Baden kritisiert der HABO-Sprecher Dennis Riehle die Druckausübung der protestantischen Kirche zur Flüchtlingsunterbringung. Ob nicht besser daran gedacht werde, Flüchtlinge in kircheneigenen Einrichtungen aufzunehmen?

Rolle ihrer Kirche bei der Suche nach Flüchtlingsunterkünften

Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Region von Konstanz haben in den vergangenen Wochen zahlreiche Besitzer von Ferienwohnungen Post erhalten. Die beiden Kirchen forderten die Wohnungsinhaber in einem Schreiben dazu auf, zu überdenken, ob die temporäre Vermietung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Frage komme. Während von katholischer Seite eine weitgehende Zurückhaltung in der Ansprache zu erkennen war, forcierte die evangelische ihre Gangart.

Eine Ferienwohnungsbesitzerin äußerte mittlerweile, dass sie den Druck, der von der protestantischen Kirche ausgeübt werde, als "Belästigung" und "Mobbing" wahrnehme. Auf Nachfrage beim zuständigen Dezernat in der Konstanzer Stadtverwaltung teilte man mit, dass man dort nichts von dem Vorgehen der Kirche wisse. Die Inhaber der Ferienwohnungen fragen zu Recht, ob es die Zuständigkeit der örtlichen Kirche ist, sich bei Privatpersonen mit einer derartigen Vehemenz für die Flüchtlingsunterbringung einzusetzen - zumal diese Arbeit eigentlich in den öffentlichen Händen liegt und sicherlich keine moralische Unterstützung durch Alleingänge des hiesigen Klerus benötigt. Abgesehen davon blieb auch unbeantwortet, woher die Daten stammen, die für das Kontaktieren der Wohnungsbesitzer genutzt worden sind.

Ich möchte fragen, ob die evangelische Kirche sich selbst bereits nähere Gedanken dazu gemacht hat, Flüchtlinge in ihren Einrichtungen aufzunehmen und Eigentum als Wohnraum für Asylsuchende zu vermieten? Wird das Vorgehen ihrer Geistlichen vor Ort durch den Oberkirchenrat unterstützt? Zweckentfremdet die Kirche möglicherweise die Adressen ihrer Mitglieder für Projekte wie das momentane zur Gewinnung von Wohnraum für Flüchtlinge? Und wie begründen Sie die offenkundige Vollmacht, eigenständig auf Wohnraumsuche zu gehen und dabei auch die moralische Keule zu schwingen? Oder lassen Sie ihren Gemeinden eine derartige Freiheit, sich mit solchen Aktionen auch politisch zu positionieren und offenkundig in hoheitliche Aufgabengebiete des Staates einzudringen?

Freundliche Grüße
Dennis Riehle, Sprecher, Nicolas Kienzler (Stellvertreter), Manuel Oexle (Stellvertreter)
Humanistische Alternative Bodensee - Säkular-humanistischer Zusammenschluss