Die Bankenunion nimmt
zum 1.1.2016 wichtige Hürde:
Die EU-Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD wird
nun in allen Teilen wirksam. Damit dürfen Staaten Banken nicht mehr retten,
ohne zunächst die Gläubiger mit mindestens 8% der Bilanzsumme zur Haftung
heranzuziehen. Das klingt wenig, hätte aber bei den Bankensanierungen der
letzten Jahre in aller Regel gereicht, um weitere Kosten für die
Steuerzahler zu vermeiden. Diese scharfe Vorschrift tritt nun überall in
Kraft. Einlagen bis 100.00 Euro pro Kunde und Bank sind geschützt.
Weitere Einlagen von Privatpersonen oder Betriebskapital von kleinen
und mittleren Unternehmen werden nur als letzte Option
herangezogen. Gleichzeitig übernimmt der Ausschuss für die einheitliche
Abwicklung
(SRB) in der Eurozone die Zuständigkeit für die Abwicklung
von Großbanken. Die Zeit von Subventionswettläufen bei der Sanierung
von transnationalen Banken durch die Mitgliedsländer ist
damit Vergangenheit. Außerdem wird beim SRB ein
Bankenabwicklungsfonds aufgebaut, der von den Banken gefüllt werden muss.
Dazu erklärt Sven Giegold:
"Der Jahresanfang bringt eine
Zeitenwende für die subventionsverwöhnte Bankenbranche. In Zukunft müssen die
Gläubiger der Banken haften, bevor der Bankenabwicklungsfonds oder gar die
Steuerzahler einspringen dürfen. Das ist ein Grund zum Feiern für die
Steuerzahler und eine gute Nachricht für fairen Wettbewerb zwischen
Kreditinstituten.
Eine Garantie, dass es niemals mehr Bankenrettungen auf
Kosten der Steuerzahler geben wird, bringt jedoch auch die Jahreswende nicht.
Denn eine umfassende Krise des Kreditgeldsystems kann keine noch
so konsequente Gläubigerhaftung auffangen. Die
Eigenkapitalausstattung vieler Großbanken ist immer noch gefährlich niedrig
und gefährlich kurzfristig. Zudem ist ein stabiles Geldsystem nur in einer
stabilen Gesamtwirtschaft zu haben. Die Niedrigzinsen durch die
ungleiche Verteilung der Einkommen, die niedrige Investitionsdynamik und
die lockere Geldpolitik der Zentralbanken führt zu weiterhin hohen
Risiken für die Finanzmarktstabilität. Wir brauchen daher einen
Europäischen Green New Deal, der die reichlich vorhandene Liquidität
in zukunftsfähige Investitionen lenkt.
Ein schwerer Fehler ist die
Verweigerung der Finanzminister der Eurozone, eine Übergangsfinanzierung für
den Bankenabwicklungsfonds zu vereinbaren. Das widerspricht dem EU-Recht und
schwächt die Glaubwürdigkeit des ganzen Abwicklungsregimes. Denn
die Mitgliedsstaaten müssen nun noch für Jahre für mögliche Kosten
der Abwicklung ihrer Banken haften. Gerade die deutsche Bundesregierung
hat hier die Vollendung der Bankenunion blockiert.
Ärgerlich ist, dass
einige Mitgliedsländer die Abwicklungsrichtlinie immer noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben. Es ist richtig,
dass die EU-Kommission hier
? wenn auch spät? Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Am Kern der
Vorschriften zur Gläubigerhaftung ändert diese Verzögerung jedoch nichts, da
die EU-Kommission sie über die Genehmigungspflicht möglicher
Staatsbeihilfen durchsetzen kann.
Der neue europäische
Abwicklungsfonds ist für die Steuerzahler zwar eine gute Nachricht, stellt
aber einen dreisten Griff in die Taschen soliderer Banken dar. Risikoreiche
Kreditinstitute zahlen zu wenig und konservativ wirtschaftende Banken zahlen
zu viel in den Fonds. Das widerspricht sogar den Prinzipien der
Abwicklungsrichtlinie und lädt daher zu verständlichen Klagen der betroffenen
Banken ein."
Hintergrundinformationen:
Zur unzureichenden
Brückenfinanzierung für den einheitlichen
Abwicklungsfonds
Zum
verspäteten Vertragsverletzungsverfahren gegen
sechs Mitgliedsländer
Zur
unfairen Berechnung der Beiträge zum Abwicklungsfonds