Der hübsche Amerikaner

Publiziert am 15. Februar 2016 von Wilfried Müller auf www.wissenbloggt.de

Der hässliche Amerikaner war das Klischee des tumben Trottels, der überall die amerikanische Art hochhielt und damit aneckte. Als Kontrast darf nun vom hübschen Amerikaner die Rede sein, der etwas Unerhörtes tut: er begehrt auf (Bild: Pezibear, pixabay).

Darüber schreibt ZEIT ONLINE am 12.2. Warum die Amerikaner so wütend sind und greift damit die BBC News vom 4.2. auf Why are Americans so angry? Der Artikel von Vanessa Barford spricht von verärgerten Wählern beim Milliardenpoker um die nächste US-Präsidentschaft. Das würde den Erfolg der Nicht-Mainstream-Kandidaten wie Trump und Sanders erklären.

69% der Amis sind nach einer repräsentativen CNN-Umfrage entweder "very angry" oder "somewhat angry", also richtig böse oder einigermaßen angefressen über die Situation. Es gibt auch welche, die nicht böse sind, aber weniger als zuvor. Das Wort angry macht überall die Runde.

Der notorische Donald Trump sagt, er sei "very, very angry", sein republikanischer Konkurrent sieht viele Amerikaner "discouraged and angry as they watch the American dream slipping away". Der Demokrat Bernie Sanders sagt: "I am angry and millions of Americans are angry," während seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton sagt, sie verstehe, warum  "people get angry".

Und warum sind die alle angry?

1. Weil von den Wohlstandsgewinnen nie was bei der Mittelschicht ankommt, seit 15 Jahren. Auf der einen Seite sehen sich die Mittelstandsamerikaner von den Milliardären, den Banken und Wall Street bedrängt. Auf der anderen von den Immigranten, den konkurrierenden Staaten und der internationalen Wirtschaft – wie immer sind die Staatsschulden nicht mit im Kalkül, obwohl die USA sie jedes Jahr gewaltig aufstocken – zu den stagnierenden Einkommen gesellen sich wachsende Schuldenberge (Anmerkung wissenbloggt, Tabelle siehe Je reich, desto arm II).
2. Die Einwanderung macht den US-Amerikanern Entfremdungsgefühle. Die Statistik von 2015 bis 2060 zeigt eine Abnahme der weißen Mehrheit von 62% auf 46%, eine Zunahme der hispanischen Bevölkerung von einem knappen Fünftel auf ein Drittel. Auch die asiatischen und sonstigen Bevölkerungen wachsen, während die schwarze Bevölkerung stagniert.
3. Politik - das Vertrauen schwindet. 89% der republikanischen Wählerschaft und 72% der demokratischen haben "only sometimes" oder "never" Vertrauen in die Politik. Die Regierung ist nach Umfragen das größte Problem der USA, vor Wirtschaft, Jobs und Immigration (wb: ob das die Kriegstreiberei spiegelt?)
4. Amerikas Weltmachtstreben - der Platz in der Welt ist nicht mehr ganz oben. Das dachten 2012 noch 38% und jetzt noch 28%. Angst vor Terror, Versagen bei Taliban- und IS-Bekämpfung, es geht den Bach runter.
5. Die Trennung in Demokraten und Republikaner belastet das Land. Die Polarisierung mit der obstruktiven Politik der Republikaner hat das Klima vergiftet. Das Volk will die gegenseitige Blockade nicht.

Die fundamentalste Ursache für die Unzufriedenheit dürfte allerdings die Ungleichheit sein. Damit ist das Thema endlich an der Basis angekommen, und das hübscht unseren Joe 6pack doch erheblich auf. Warum kann nicht Otto Normalverbraucher auch so hübsch daherkommen?

Sind die Normalverbraucher-Probleme nicht mindestens genausogroß, nach 7 Jahren Bankenbeglückung und immer noch keinem Ende für die Steuerndieberei? Nach dem Aufbau der teuersten, ineffizientesten und ungerechtesten Flüchtlingshilfe? Nach Euro-Risiken, die das Volk zielgenau treffen und Geldschwemmen, die am Volk zielgenau vorbeigehen?

Links von wb dazu:
Berichte von Euro- und US-Illusionen
Systemfehler in der globalen Ökonomie
Arbeiter_innen außen vor
Megatrend Ungleichheit
Gegen die Armut