Gericht bestätigt deutsche Kirchensteuer

In Deutschland hatte es 2012 Versuche gegeben, die Kirchenmitgliedschaft von der deutschen Kirchensteuer abzutrennen, da nach dem katholischen Kirchenrecht, ein deklarierter Abfall vom Glauben für einen Kirchenaustritt notwendig sei (Actus Formalis Defectionis Ab Ecclesia Catholica). Man versuchte es daher so, man meldete sich am Finanzamt (in der BRD erfolgt der Kirchenaustritt über die Eintragung in der Steuererklärung) als beitragspflichtig ab, erklärt aber gegen über der Kirche, nicht vom Glauben abgefallen zu sein.

Damals war auf dieser Site natürlich ausführlich darüber zu lesen, siehe z.B. den zusammenfassenden Artikel "Deutscher Kirchenaustritt vor Gericht" vom September 2012, in einem weiteren Beitrag war dann darüber zu lesen, ob man sich auch in Österreich auf diese Weise ohne Kirchenaustritt vom Kirchenbeitrag drücken könnte, siehe "Kirchlich katholisch, staatlich bekenntnisfrei", dort war auch ein Musterbrief zum Downloaden installiert, wie man auf den bischöflichen Brief, den jeder Austreter bekommt, reagieren solle: man leugnet den Glaubensabfall, verweigert aber den Kirchenbeitrag.

Auf der Site evangelisch.de war schon vorige Woche die erst jetzt zufällig entdeckte Meldung zu finden, dass das Oberverwaltungsgericht in Koblenz den in Deutschland üblichen Einzug der Kirchensteuer erneut als zulässig bestätigt hat.

Es heißt dort: "In einer am Mittwoch (=10.2.2016) veröffentlichten Entscheidung lehnten die Richter es ab, im Fall eines katholischen Ehepaares ein Berufungsverfahren zuzulassen. Die Kirchensteuerpflicht verstoße nicht gegen die Glaubensfreiheit und das Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung, stellte das Gericht klar. Ein Austritt aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Verbleib in der Glaubensgemeinschaft sei nicht möglich.
Die rheinland-pfälzischen Eheleute hatten gegen den Einzug der Kirchensteuer geklagt, weil sie darin einen Verstoß gegen die europäische Grundrechte-Charta sahen. Die Zahlungspflicht sei nicht zu rechtfertigen, weil Mitglieder der römisch-katholischen Kirche in anderen europäischen Staaten keine Steuern zahlen müssten, argumentierten sie. Im August 2015 hatte das Verwaltungsgericht Koblenz die Klage abgewiesen.
Gegner der Kirchensteuer haben bereits mehrfach deutsche Gerichte beschäftigt. Dabei wurde die Regelung stets bestätigt, dass anerkannte Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern eine Steuer erheben und gegen Entgelt über die staatlichen Finanzbehörden einziehen lassen können."

Aber sind damit Bemühungen bekennender, aber sparsamer Katholiken beendet, die versucht hatten, das Kirchenrecht auf ihre Seite zu ziehen? Das Gericht scheint auf kirchenrechtliche Aspekte gar nicht eingegangen zu sein. Ob es kirchlicherseits diesbezügliche Entscheidungen gibt, war nicht zu ergoogeln, es könnte also durchaus sein, dass trotz eines amtlichen Kirchenaustritts bei Katholiken der formale Mangel des deklarierten Glaubensabfalls weiterhin eine Rolle spielen könnte. In einem von der österreichischen Bischofskonferenz 2010 herausgegeben Heft über die Kirchenmitgliedschaft wird jedenfalls letztlich der willentliche und deklarierte Glaubensabfall als notwendig gesehen. Wo dann wohl ein Brief an den Bischof, in welchem dieser Glaubensabfall bestritten wird, eine beitragsfreie Kirchenmitgliedschaft weiterhin ermöglichen müsste. Unsereiner kann das leider nicht ausprobieren...

Kirchensteuern und Kirchenbeiträge, die mit staatlicher Hilfe eingezogen werden, gibt es nur in der BRD, der Schweiz und Österreich. In anderen Staaten gibt es zum Teil staatliche Kirchenfinanzierungen (Staatskirchen wie die Anglikaner in Großbritannien oder in skandinavischen Staaten) oder finanzielle staatliche Zuschüsse aus diversen Traditionen (wie in der BRD, wo immer noch Entschädigungen für Enteignungen vor 200 Jahren gezahlt werden) oder eine "Kultursteuer", die jeder Steuerpflichtige zahlen muss und die überwiegend an anerkannte Kirchen weitergegeben wird (z.B. Italien und Spanien) oder freiwillige Beiträge (wie in Frankreich und den USA), in solchen Staaten müssen auch kirchliche Firmen für die Kirchenfinanzierung herangezogen werden, bei kleinen kirchlichen Gemeinschaften in der Diaspora (z.B. Protestanten in Österreich oder Katholiken in Skandinavien) gibt es Zuschüsse aus dem Ausland (etwa unterstützen deutsche Protestanten die österreichischen).

Über die Kirchenfinanzierungen gibt es auf dieser Site natürlich eine zusammenfassende Darstellung: "Kirchenfinanzierungsmethoden" (Stand von 2010, aber es hat sich seither nicht viel verändert).