Der TAGESSCHAU-AUFSTAND

Dazu eine Vorbemerkung von atheisten-info: Was in der BRD die "Tagesschau" ist, heißt in Österreich "Zeit im Bild". Vor 50 Jahren war diese TV-Nachrichtensendung des staatlichen Fernsehens im neutralen Österreich bei US-Bezug in US-Händen. Bei einem US-Fachmann namens Hugo Portisch. Er hatte seine journalistische Ausbildung in den USA erhalten und war vom US-Geist erfüllt wie ein Pressesprecher des Weißen Hauses. Damals tobte der Vietnamkrieg und Portisch tobte 200%ig auf US-Seite mit. Wenn er bei seiner Berichterstattung irgendwo in die Nähe eines US-Präsidenten geriet, dann steigerte sich seine Begeisterung zu einem wahren Orgasmus. Die Leute, die beim Vietnamkonflikt auf der Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh-Seite standen, sahen sich damals die deutsche Tagesschau an, weil die war vergleichsweise in diesen Bereichen viel ausgewogener als der US-Po-Po-Portisch. Das hat sich in den letzten 50 Jahren offenbar stark verändert, wie an der hier folgenden Programmbeschwerde mit satirischer Einleitung zu lesen ist:

Die Rundfunk-Räte-Revolution unter Gniffkes Führung

Autor: U. Gellermann am 09. Juni 2016 auf www.rationalgalerie.de

Vorsichtig, in Abständen von mindestens drei Minuten, schlichen sie ins Restaurant "Cuneo" in Hamburg St.Pauli. Dr. Gniffke hatte sie eingeladen, die Getreuen aus der ARD-aktuell-Redaktion und ausgesuchte NDR-Rundfunkräte. Als alle zum konspirativen Treffen ihre Plätze eingenommen hatten, die Linguine Gamberetti dampften schon auf den Tellern, hob Dr. Gniffke sein Glas und sagte in fließendem Italienisch: "Cin cin!". Frau Thümler, Vorsitzeden des Rundfunkrates erwiderte mit einem "Prösterchen" und die TAGESSCHAU-Redaktionsleiterin, Christiane Krogmann, die einst vom Syker Kreisblatt zum NDR gekommen war, ergänzte volksmundig: "Prost, wer nix hett, de hoost." Man war im Kiez zusammengekommen, um eine Revolution zu planen.
"Seit Jahr und Tag," begann Dr. Gniffke seinen Vortrag, "machen wir brav was die jeweilige Regierung uns vorschreibt. Aber jetzt ist Schluß! Die Kanzlerin ist uns in den Rücken gefallen! Hat die doch glatt gesagt, die Bürger hätten kein Vertrauen in die Medien. Die Medien, das sind wir! So nicht Frau Kanzlerin!" Drei, vier Flaschen von dem kräftigen Roten weiter, stand der ehemalige Hamburger DGB-Chef und Rundfunkrat Uwe Grund auf: "Wir werden diesen Verrat nicht hinnehmen, wie boyklottieren, äh, wir boyloktieren diesen Satz einfach. Der wird nicht gesendet! Pasta! oder wie das auf italienisch heißt. Hiermit ist die Rundfunkräte-Republik eröffnet!" Und so nahm das Schicksal seinen Lauf: Erstmals seit der Existenz der TAGESSCHAU wurde ein wichtiger Kanzler-Satz unterschlagen.

Programmbeschwerde: Kanzlerinnen-Kritik unterschlagen

Sehr geehrte Damen und Herren,
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich besorgt über den Glaubwürdigkeitsverlust der Medien geäußert. 60 Prozent der Bürger hätten laut Umfragen "wenig oder gar kein Vertrauen in die Medien", sagte Merkel am Donnerstag bei der CDU-Veranstaltung "MediaNight" in der Parteizentrale in Berlin. Sie betonte: "Das muss uns alle unruhig stimmen."

Dr. Gniffke und Sie, seine beifälligen Rundfunkräte fühlen sich hingegen ersichtlich ganz und gar nicht beunruhigt, weil er und Sie meinen, ARD-aktuell beweise Qualitätsjournalismus - staatsvertragsgemäß und fehlerfrei. Sie geben sich als nicht von der Kanzlerin angesprochen. Sehr zu Unrecht, wie wir unzählige Male belegt haben.
Die selbstgerechte Attitüde ist wohl auch der Grund, warum die Redaktion meinte, über die Kanzlerinnenkritik erhaben zu sein und sie einfach unterschlagen zu können, als ob es nicht von wesentlicher Bedeutung für das Funktionieren der demokratischen Gesellschaft wäre, dass eine Bevölkerungsmehrheit, die Fachwelt und nunmehr sogar die Regierungschefin den Leitmedien massiven Vertrauensverlust attestiert; auch wir haben immer wieder warnend darauf hingewiesen.

Wieder einmal erweist sich ARD-aktuell unfähig, wichtige Informationen aus dem Überangebot an Nachrichten auszuwählen und die Meldungen angemessen zu gewichten. Ellenlang berichten Tagesschau & Co. über kleine Krisen in Eriwan, Überfälle in Brasilien, belanglose Themen aus Georgien, Selbstlob aus dem Kanzleramt, Königshaus-Festivitäten aus Saudi-Arabien. Aber das, was sie selber betrifft - fundamentale Medienkritik, sogar von der Kanzlerin aufgegriffen - wird unterschlagen.

ARD-aktuell verletzte mit dem mutmaßlich sehr bewussten, absichtlichen Weglassen der Merkel-Äußerungen die Programmrichtlinien,
es sieht ganz danach aus, dass die Redaktion den Verstoß gegen den Staatsvertrag bewusst in Kauf nahm, um das Problem der Medienkrise nicht gar zu intensiv ins öffentliche Bewusstsein zu drücken. Betonen möchten wir, dass andere Mainstream-Medien ihrer Berichtspflicht nachgekommen sind, obwohl auch für sie die Äußerungen der Bundeskanzlerin unangenehm gewesen sein dürften.

Mit höflichem Gruß - F. Klinkhammer und V. Bräutigam