Uli Gellermann: Agent Moskaus

Wie Boris Reitschuster ein altes Weltbild recycelt

Uli Gellermann am 16. Juni 2016 auf www.rationalgalerie.de

Boris Reitschuster? Warte mal, das ist doch der, der mal für das Häppchen-Leser-Blatt FOCUS in Moskau war, der eine durch nichts bewiesene Verfolgungsstory erfolgreich einer Öffentlichkeit präsentierte, die nach schlechten Nachrichten aus Moskau giert, der aus seiner Feindschaft zu Putin Bücher macht und immer wieder Bücher: Mal mit der Frage "Wohin steuert Russland" garniert, dann die russische "Demokratur" als solche entlarvt, um schließlich jüngst mit "Putins verdeckter Krieg: Wie Moskau den Westen destabilisiert", die endgültige, die ultimative Enthüllung auf den Markt zu schleudern. Bei dieser Destabilisierung nimmt natürlich eine fünfte Kolonne, die aus Moskaus "engsten Kontakten in rechts- und linksextreme Szenen" besteht, einen breiten Raum ein. In dieser grausigen Szene hat Boris der Unterwanderungs-Experte auch den gefährlichen Gellermann entdeckt. Denn "Gellermann wird auf der Sputnik-Seite als Autor geführt."

Sputnik, die Älteren werden es noch wissen und vor Schauer erzittern, das war einst der künstliche Satellit, den die Sowjetunion in den Fünfzigern ins Weltall sendete und der mit seinem "Piep, Piep, Piep" schon Reitschusters Opa in den Wahnsinn des Kalten Krieges getrieben hatte. Heute ist "Sputnik" ein staatliches russisches Nachrichtenportal.*) Das bringt doch glatt in 30 fremden Sprachen sein Zeugs unter die Völker, während es das Konkurrenzunternehmen "Voice of America" sogar auf 43 Sprachen bringt. Die Russen können nicht mal in mehr Sprachen senden als die "Deutsche Welle", der staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland, die auch nur 30 schafft. Das Ungleichgewicht müssen die Russen über ein "Propaganda-Netz" mit "erfundenen Massenmedien" ausgleichen, kann man in "Putins verdeckter Krieg" lesen. Und deshalb weiß Boris, dass Gellermanns Website RATIONALGALERIE "marktwirtschaftlich schwer zu erklären ist." Was Breitschuster meint, aber nicht justiziabel sagen will: Gellermann kriegt Geld aus Moskau.
*) Anmerkung von atheisten-info: "Sputnik" war in der Sowjetzeit das Gegenstück zu Readers Digest, also ein in vielen Sprachen erscheinendes Magazin mit Artikeln aus allen möglichen Gebieten und auch literarischen Texten.

Weil der Putin-Buch-Serien-Autor intellektuell einfach nicht über seinen Opa hinausgekommen ist, hier ein kleiner Hinweis: Hallo, Boris, Zeiten ändern sich, Russland ist kapitalistisch! Fast wie die USA, nur mit weniger Krieg! - Das ficht den tapfren Boris nicht an, hat er doch in seinem Buch enthüllt, dass Gellermann "vor der Wende" mal mit dem "Pahl-Rugenstein" Verlag "zusammengearbeitet" hat! Und der Verlag wurde, schreibt Boris, der Durchblicker, von "einem DKP-Mitglied geleitet". Man hört die Hammerschläge mit denen Boris sein Weltbildchen zimmert: Gellermann hat damals in einem kommunistischen Verlag verlegt, heute wird er von "Sputnik" publiziert: Das ist für ihn die Tradition sowjetischer Bedrohung, wie damals, als die Russen beinahe Deutschland überfallen hätten, wenn Boris sein´ Opa nicht gewesen wäre.

Doch alles ist viel schlimmer als Boris in seinem Enthüllungs-Pamphlet schreiben mag: Gellermann hat damals ein Buch zur "Armut in der Bundesrepublik" herausgegeben! So sind sie, die russischen Agenten: Als ob es jemals Armut in der Bundesrepublik gegeben hätte. Oder gar heute gäbe. Das alles dient nur der Destabilisierung des freien Westens, wie Reitschuster, der Welt-Erklärer, weiß: "Es ist aber offensichtlich, dass Moskau den vorhandenen Unmut geschickt nutzt und Öl bzw. Geld in das Feuer gießt." Solch elegante Sprachbilder können nur dem sonderbegabten Erben von Boris´ Opa einfallen. Schon Opa wusste "Alle Wege führen nach Moskau", und wenn mal nicht, dann gießt der Russe eben Geld ins Feuer.