Vertrauensindex

Am 16.7.2016 zog das Ergebnis einer Umfrage durch die Medien, welchen Einrichtungen die Österreicher vertrauen. Sieger mit einem Vertrauensplus von 42 Prozentpunkten wurde der Rechnungshof, er wird offenbar vom Publikum als der Aufseher über die Regierung wahrgenommen. Die Regierung bekam mit minus 18 % den drittletzten Platz, Vorletzter mit minus 23 % wurde die Finanzmarktaufsicht. Auf den Rechnungshof folgte mit 40 Plusprozenten der Verfassungsgerichtshof, was möglicherweise auch mit der Wahlwiederholung der Bundespräsidentenwahl zusammenhängen könnte. Dritter mit 39 % wurde die Arbeiterkammer, diese ist als Interessensvertretung der arbeitenden Bevölkerung noch wahrnehmbar, gegenüber der letzten Befragung zu diesem Themenbereich hat aber auch die AK 11 Punkte verloren, der ÖGB liegt mit nur 7% weit dahinter. Die katholische Kirche hat überraschend viele Prozente, sie kam auf sieben Minusprozente, gleichviel erhielt das Parlament. Die Oppositionsparteien lagen mit minus 12 % etwas besser als die Regierung, am letzten Platz landete mit minus 31 % die EU. Das ganze einheitliche Gesundjammern nach dem britischen EU-Austritt hat vermutlich dem Ansehen der EU mehr geschadet als genützt, weil die Gesundjammerer liegen ja selber im Minus.

Dazu passt die Samstagkolumne vom grünen Expolitiker Efgani Dönmez in den OÖNachrichten vom 16.7.:

Rezept gegen Politikverdrossenheit und Wutbürger

Sicherheit, Arbeitslosigkeit, Stagnation der Wirtschaft, angespannte Sozialbudgets, Flüchtlingsthematik, ...
...Stillstand in der Verwaltung, Politikverdrossenheit, Europa, Brexit, Terror, Verhältnis Staat und Religion, Bildung, demografische Entwicklung, Digitalisierung, Zuwanderung, Gesundheit, Medien, Kunst, Kultur etc. sind Themen, die sehr viele Menschen beschäftigen, betreffen, bewegen und interessieren. Im schwedischen Almedalen kommen hunderte von Veranstaltern - Parteien, Gewerkschaften, Universitäten, Unternehmen, Banken, Stiftungen, Agenturen, NGOs, Medien, Gruppen aus der Zivilgesellschaft und viele andere - einmal im Jahr zusammen und bieten in einer Sommerwoche mehr als 3600 Veranstaltungen an. Es gibt Vorträge, Seminare, Podiumsdiskussionen, Arbeitsgruppen und Gesprächsrunden. Dort treffen einander BürgerInnen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und Altersgruppen.
Sie diskutieren über Standpunkte, vertreten Argumente und Haltungen. Es ist ein Diskussionsort und ein Forum für den politischen Zeitgeist. Dort werden Kontakte geknüpft, Projekte aus der Taufe gehoben und Personal angeworben. Die Teilnahme daran ist für jeden offen - und kostenlos.

Unseren Parteien brechen die Mitglieder weg. Eine Entfremdung zwischen Politikern und der Lebensrealität vieler Menschen schreitet rasant voran. Die letzte Wertestudie der Österreicher zeigt ein dramatisches Bild vom Zustand unserer Gesellschaft. Die Österreicher haben das Vertrauen in die Politik verloren, die Demokratie erodiert. Gerade Parteien wie SPÖ und ÖVP sollten sich die Frage stellen, wie sie sich auf Höhe der Zeit positionieren müssten, um dem Mitgliederschwund entgegenzutreten und die Jugend wieder für die Politik gewinnen zu können. Festzelte auf dem Land und Freibier sind auch für die Jugend von keiner allzu großen Nachhaltigkeit.
De facto stagnieren die Grünen und freuen sich über marginale Zuwächse im Bereich von 0,1 Prozent. So kann man sich auch die Situation schönreden. Die einzige Partei, welche sich über Zuwächse freuen kann, ist die FPÖ. Diese Zuwächse resultieren primär aus dem Versagen der politischen Mitbewerber, weil diese die Probleme verschleppen, Chancen übersehen und bestimmte Themen überwiegend der FPÖ überlassen. Gäbe es eine Partei, welche die Wutbürger und die Politikverdrossenen vereint, wäre diese mit Abstand die größte Partei. Verdrossenheit und Wut sind jedoch schlechte Wegbegleiter. Einfache Antworten und Lösungen in einer komplexen Welt bereiten den Nährboden für noch mehr Probleme. Die Parteien täten gut daran, ein derartiges Polit-Format - wie eingangs beschrieben - auch in Österreich zu etablieren. Gesellschaftliche Herausforderungen lassen sich in einem solidarischen Land besser bewältigen.

Anmerkung von atheisten-info: Einfache Lösungen müssen nicht unbedingt schlechte Lösungen sein, es sind oft diejenigen, welche gar keine Lösungen haben wollen, alles Einfache oder Naheliegende sofort verdammen. Wie einfache Lösungen funktionieren zeigte z.B. Ungarn 2015: All die Freunde einer unbegrenzten Willkommenskultur hatten geschrien, der ungarische Grenzzaun sei menschenfeindlich und wirkungslos, sie konnten einen Monat nach Errichtung die Lehre ziehen: In Ungarn gab es um 98 % weniger Asylwerber, von 30.795 im September ging die Zahl auf 615 im Oktober 2015 zurück. Auch die österreichische Blockade der Balkanroute während des 1. Quartals 2016 brachte einen Rückgang um mehr als die Hälfte. Einfache Lösungen sind meist entweder politisch nicht korrekt oder nicht neoliberal. Aber keine Lösungen anzustreben, ist das Dümmste!