Buchtipp: Papst Pius XI. & der Faschismus

David I. Kertzer - Der erste Stellvertreter - Papst Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus, Theiss Verlag Sept. 2016, 608 Seiten, 41 s/w Abb, in Österreich 39,10 Euro

Zwei Päpste standen dem Faschismus gegenüber: Der eine Papst, Pius XII., schwieg öffentlich zum Holocaust. Sein Vorgänger, Pius XI., wurde im Nachhinein von der katholischen Kirche quasi als eine Art Antifaschist dargestellt, der auf der Seite der verfolgten Juden gestanden wäre und Hitler durch die Enzyklika "Mit brennender Sorge" in die Schranken verwiesen hätte. In dieser Enzyklika war es jedoch nur um die Machtfrage gegangen, wer ist der Führer, die Kirche oder Hitler.

Nun liegen die Fakten deutlicher vor. Denn die Grundlage für das Buch war die Öffnung der vatikanischen Archive im Jahr 2006 über die Zeit von Pius XI. (1922 bis 1939), Kertzer arbeitete für die Erstellung des Buches über sieben Jahre im Vatikan und in anderen Archiven.

In der packenden Geschichte über die Geheimbeziehungen des Vatikan zur faschistischen Führung wird deutlich, dass sich Mussolini und Pius XI. zwar hassten, sich aus Gründen des Machterhalts aber stützten. Der ungebildete, ungläubige Duce und der gottesfürchtige Kleriker schlossen einen verhängnisvollen Pakt. Erst mit Einführung der Rassengesetze 1938 und der immer größer werdenden Nähe zu Nazi-Deutschland dämmerte es Pius XI., mit wem er da paktiert hatte. Als er starb, konnte sein Nachfolger Eugenio Pacelli diesen Pakt fortsetzen. David Kertzers bahnbrechende Arbeit, die mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, enthüllt das ganze Ausmaß der faschistischen Verstrickung.