Schlomo Amar bezeichnete die LGBT-Community in einem Interview
als "Kult des Gräuels" – es hagelt Rücktrittsforderungen und
Strafanzeigen.
Der sephardische Oberrabbiner von Jerusalem, Schlomo Amar, hat erneut
mit einer homofeindlichen Äußerung für Empörung gesorgt. In einem
Interview mit der Zeitung "Israel Hayom" teilte der 68-Jährige am
Donnerstag kräftig gegen die modernen Zeiten aus und bezeichnete unter
anderem das Reformjudentum als "teuflisch".
Zudem nannte er die LGBT-Community einen "Kult des Gräuels". Die
hebräische Version des letzten Wortes wird in den Büchern Mose u.a. in
Bezug auf Homosexualität verwendet – in einer Leviticus-Passage zur dazu
fälligen Todesstrafe, auf die sich Vertreter alle drei Weltreligionen
beziehen.
Unter Bezug auf eine Holocaust-Überlebende, die sich wegen eines
schwulen Sohnes an ihn gewandt habe, fuhr Amar dann auch fort: "Es ist
klar, dass dies ein Gräuel ist. Die Tora bestraft das mit dem Tod. Das
ist an der vordersten Front schwerer Sünden."
Das sei die Realität, er könne nicht die Tora ändern, so Amar weiter.
Bei der Homosexualität handele es sich letztlich um Lust und diese
könnte man überwinden. Der Rabbiner erzählte weiter, er habe es
abgelehnt, an einer Gedenkfeier für die beim letztjährigen CSD von einem
ultraorthodoxen Fanatiker erstochene 16-jährige Shira Banki
teilzunehmen, da dies einer Entehrung Gottes gleichgekommen wäre. Er
kritisierte auch, dass die Veranstalter eine Grußbotschaft nicht
vollständig vorlesen wollten, in der er die Tat verabscheute, aber
zugleich Anwesende gebeten hatte, von "teuflischen Wegen" abzukommen.
Amar hatte sich in den letzten Jahren immer wieder
abwertend über Homosexualität geäußert. Im letzten Jahr hatte er
behauptet, sie sei unnatürlich und die Bevölkerung fände sie "ekelhaft".
Bei einer Pressekonferenz mit den führenden Vertretern aller
Glaubensrichtungen hatte er 2005 eine Absage des geplanten World Pride
in Jerusalem gefordert und gemeint, Homosexuelle fügten ihren Eltern
viele Schmerzen zu (queer.de berichtete).
Zu der Zeit war Amar einer der beiden Oberrabbiner ganz Israels; sein
sephardischer Nachfolger im Amt, Yitzhak Yosef, hatte dagegen Opfer des
CSD-Anschlags im letzten Jahr im Krankenhaus besucht und die Tat wie
sein aschkenasischer Amtskollege öffentlich verurteilt.
In dem Interview mit "Israel Hayom" erwähnte Amar offenbar erstmals die
Todesstrafe. Als Reaktion schlugen die Wellen hoch: Zwei LGBT-Aktivisten
stellten noch am gleichen Tag Strafanzeige wegen Anstiftung zur Gewalt.
Die Behörden müssten "den nächsten Mord" verhindern, meine Oded Fried
von der Organisation Aguda. Die Aktivistin Shirley Kleinman forderte
zudem eine Entfernung Amars aus seinem Amt.
Auch aus der Politik gab es Kritik: Die Vorsitzende der linken
Meretz-Partei, Zehava Galon, meinte, der Rabbi trage Dunkelheit und
nicht die Tora in seiner Seele. Es sei an der Zeit, ihm das staatliche
Gehalt zu entziehen. Mitglieder eines parteiübergreifenden
Arbeitskreises der Knesset zu LGBT-Rechten forderten in einem Brief an
den Premierminister ebenfalls eine Abberufung Amars: "Eine öffentliche
Person, die die Sicherheit der Bürger Israels durch Ausschluss und
Aufhetzung gefährdet, sollte sofort gefeuert werden."
In Deutschland hatte zuletzt vor gut einem Jahr der Schweizer Bischof
Vitus Huonder bei einem Kongress des "Forums Deutscher Katholiken" in
Fulda die Todesstrafen-Passage aus Leviticus zitiert, ohne Distanzierung
oder Einordnung in einem Vortrag zur "göttlichen Ordnung" der
Sexualität (queer.de berichtete).
Während das in Deutschland weder große Medien noch Staatsanwälte
interessierte, hatte das Zitat für tagelange Negativ-Schlagzeilen in der
Schweiz geführt. Die LGBT-Organisation Pink Cross stellte eine
Strafanzeige wegen Volksverhetzung, musste aber nach Einstellung des
Verfahrens und der Ablehnung einer Rechtsbeschwerde dagegen dem Bischof
sogar noch Entschädigung zahlen (queer.de berichtete). (nb)