Bei den Meinungsumfragen lag zwar van der Bellen zuletzt meist leicht
vor Hofer (51:49), das vorläufige Ergebnis plus hochgerechnete Briefwahlstimmen
mit einem 6,6%-Vorsprung überraschte trotzdem:
Die
FPÖ hat sich die Niederlage selber zugefügt, durch die Unfähigkeit
die Realität zu begreifen, richtete die FPÖ-Wahlreklame anscheinend
mehr Schaden als Nutzen an. Zum Beispiel wurde der einzige große Wahlschlager
für den FPÖ-Bereich kaum thematisiert: Die Schließung der Balkanroute
durch Österreich im Winter 2016 war ein Produkt der Angst der Regierungsparteien
vor der FPÖ gewesen, diesen indirekten FPÖ-Erfolg gegen die wirre
Willkommenspolitik der Frau Merkel und auch der Grünen in Österreich
und das völlige Versagen des EU-Systems in der Asylfrage als zentrale Wahlmotive
für Hofer zu deklarieren, wagte man nicht, denn der Hofer-Wahlkampf sollte
freundlich-seriös und nicht kontrovers ausgerichtet werden. Bei der letzten
TV-Diskussion ließ man diese vorgeheuchelte Seriosität dann sein
und kläffte wieder. Mit dümmsten Argumenten, etwa, dass van der Bellen
einstens ein für die DDR spionierender Kommunist gewesen wäre.
Der
deutliche Stimmenrückgang im Vergleich zur aufgehobenen ersten Stichwahl
wurde sicherlich auch durch die besonders dumme Losung auf den Hofer-Plakaten
"So wahr mir Gott helfe" mitverursacht.
Bereits
2009 hatte die FPÖ mit forcierter religiöser Propaganda ("Abendland
in Christenhand", Strache mit Kreuz fuchtelnd) bei den EU-Wahlen eine Schlappe
eingesteckt, sie fiel gegenüber der Nationalratswahl 2008 von 17,8 auf 12,7 %.
Nun
war es offensichtlich unwahr, dass dem Hofer ein Gott geholfen hat. Abgesehen
davon, dass es keine Götter gibt, hat dieser Slogan doppelt geschadet:
die bloß noch einige hunderttausend Personen umfassende Minderheit der
tatsächlich noch praktizierenden Christen in Österreich sah in dieser
Losung wohl keine Frohbotschaft, sondern allenfalls eine Anmaßung, eine
Sünde gegen das 2. Gebot, "Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen"
und für die säkular lebende große Mehrheit war ein solcher Spruch
sicherlich keine Motivation, deswegen Hofer zu wählen, das hat eher Kopfschütteln
ausgelöst. Man wollte mit dieser sonderbaren Losung wohl ÖVP-Wähler
anlocken und hat sie damit aber eher vertrieben. Im Mai hatten 52% der ÖVP-Wähler
van der Bellen gewählt, jetzt waren es 55 %.
Und die Ursachen
der in Österreich vorhandenen hohen Missstimmung haben die Freiheitlichen
auch nicht begriffen. Zwar hat man die Erklärungen zum Trump-Wahlsieg
als Sieg gegen die Etablierten für sich verwendet, aber die gesellschaftlichen
Hintergründe dazu nicht gesucht. Was nun laut Angabe des SORA-Institutes
zu einem deutlichen Rückgang des bei der Wahl am 22.5. führenden
Wahlmotivs für Hofer führte, der Punkt "versteht die Sorgen von
Menschen wie mir" sank von 68 % auf 55%, die Pessimisten wählten
wieder Hofer, die Optimisten van der Bellen, die Hofer-Wahlkampagne war aber
auf diesen wichtigen Wahlaspekt gar nicht ausgerichtet, nichtwählende
Pessimisten wurden FPÖ-seitig nicht entsprechend angesprochen und motiviert.
Der
Griff der FPÖ nach der absoluten Mehrheit der Wähler ist wieder gescheitert,
die Quasikoalition der anderen Parteien konnte ausgebaut werden. Allerdings
ist kein Grund vorhanden, Freudentänze aufzuführen, denn die FPÖ
liegt im möglichen Wählerbereich immer noch nicht sehr weit unter
der 50%-Mehrheit. Wenn es die amtierende Regierung schafft, weiterhin diverse
Murksereien zu verüben, dann bleibt nicht nur aufrecht, dass die FPÖ
die stärkste Partei in Österreich ist, sondern auch, dass ihr weiterer
Aufstieg in Richtung 50% offen bleibt...